„Das hat sich Niederösterreich nicht verdient“: Mikl-Leitner schließt Arbeitsübereinkommen mit Landbauer aus
Landeshauptfrau sieht den Ruf Niederösterreichs als offenes und tolerantes Land gefährdet: „Keine Basis für Zusammenarbeit".
Die Affaire um nationalsozialistisches Liedgut in der Wiener Neustdädter Burschenschaft "Germania" hat am Tag vor der Landtagswahl massive Auswirkungen auf den Tag nach der Landtagswahl in Niederösterreich. Wie der Falter berichtete, ist FPÖ Spitzenkandidat Udo Landbauer stellvertretender Vorsitzender jener Burschenschaft, in deren Liederbuch Nazi-Gesänge gefunden wurden. Landbauer selbst beteuert, die verwerflichen Liedtexte nicht gekannt zu haben und verweist auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Bis zur Klärung der Vorwürfe werde er im Amt bleiben.
Mikl-Leitner über Landbauer: „Verhalten kein Beitrag und keine Basis für eine Zusammenarbeit“
So lange will Landeshauptfrau Mikl-Leitner nun nicht warten. Obwohl sie allen Parteien ein Arbeitsübereinkommen nach der Wahl angeboten hatte, sieht sie nun keine Basis für eine Zusammenarbeit mit einer von Landbauer geführten FPÖ. Mikl Leitner: „Seit meinem Amtsantritt als Landeshauptfrau von Niederösterreich trete ich für ein Miteinander ein. Ein Miteinander zwischen Stadt und Land, zwischen Alt und Jung und über die Parteigrenzen hinweg. Was allerdings die Person Landbauer betrifft, so habe ich seit Auftauchen der schwerwiegenden Vorwürfe eine klare Distanzierung und volle Aufklärung verlangt. Was wir aber bisher erlebt haben, war untertauchen und wegdrücken dieser schwerwiegenden Vorwürfe. Ich werde auch nach der Wahl meinen Stil des Miteinanders fortsetzen und die Zusammenarbeit mit allen im Landtag vertretenen Parteien suchen. Was aber die Person Landbauer betrifft, ist sein Verhalten kein Beitrag und keine Basis für eine Zusammenarbeit in der niederösterreichischen Landesregierung.
Ich werde nicht dabei zusehen, wie durch einen sorglosen Umgang mit Antisemitismus und unserer Geschichte der Ruf Niederösterreichs geschädigt wird, das als modernes Land der Offenheit und Toleranz bekannt ist. Das hat sich Niederösterreich nicht verdient. "
Nur Zusammenarbeit mit SPÖ als Option falls Absolute fällt.
Für die politische Situation nach der Landtagswahl bedeutet das eine entscheidende Wende. Für den erwartbaren Fall, dass die ÖVP die absolute Mehrheit verlieren sollte, ist sie auf die Zusammenarbeit mit einer Partei angewiesen. Nun scheint der Landeshauptfrau eine Option abhanden gekommen zu sein. Denn sollte die FPÖ auch nach der Wahl an Landbauer festhalten, bleibt der ÖVP nur die Zusammenarbeit mit der SPÖ oder mit einer der Kleinparteien, soferne diese den Einzug in den Landtag überhaupt schaffen. Offenbar nimmt Mikl-Leitner diesen taktischen Nachteil aus Staatsräson in Kauf.
Auch SPÖ will nicht mit Landbauer zusammenarbeiten.
SPÖ-Spitzenkandidat Franz Schnabl schloss eine Zusammenarbeit mit Landbauer am Sonntag ebenfalls aus. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte er ein Video, in dem er sich ganz klar von Landbauer distanzierte. Am späteren Nachmittag bekräftigte die SPÖ das noch in einer Presseaussendung.
Bundespräsident fordert Landbauers Rücktritt.
Klare Töne fand zuvor am Samstag auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen: „Ein Lächerlichmachen des Massenmords im Zuge des Holocausts, ein Lächerlichmachen der Vergasung von Millionen Juden in Auschwitz, ich meine, wo sind wir denn.“ Sollte Landbauer nicht zurücktreten, dann habe die FPÖ „ein Problem“, sagte Van der Bellen im Ö1 Mittagsjournal.
FPÖ steht trotz Nazi-Ermittlungen hinter Landbauer.
Die FPÖ scheint aber weiterhin hinter Landbauer zu stehen. Generalsekretär Harald Vilimsky konterte, Van der Bellen „sollte nicht durch Vorverurteilungen die Überparteilichkeit seines Amtes ramponieren“. Einen Tag vor der NÖ-Wahl „aus der Hofburg eine Verurteilung vorzunehmen, entspricht nicht dem Stil und der Würde der Funktion des Bundespräsidenten“, so Vilimsky.
Niemand kann Landbauer verhindern.
Sollte die FPÖ an Landbauer festhalten, kann aber niemand seinen Einzug in die Landesregierung verhindern. Nach der NÖ-Landesverfassung steht jeder Partei, die eine gewisse Prozentzahl erreicht, ein Regierungssitz zu. Diesen kann die Partei selbst bestimmen, eine Zustimmung der anderen Parteien ist nicht erforderlich.
Aswirkungen auch auf Wiener Neustadt
Die Distanzierung Mikl-Leitners könnte auch in der NÖ-Kommunalpolitik Folgen haben. Niederösterreichst zweitgrößte Stadt wird derzeit von ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger als Bürgermeister geführt. Obwohl die SPÖ stimmenstärkste Partei war, konnte Schneeberger den Bürgermeistersessel mit Hilfe einer bunten Unterstützung aller anderen Parteien erobern. Mitglied der bunten Regenbogentruppe ist auch die FPÖ unter Stadtchef Udo Landbauer, der auch im Stadtsenat sitzt. Ob und wie die Zusammenarbeit mit Landbauer in Wiener Neustadt fortgeführt werden kann, ist fraglich. Die SPÖ schießt sich indes bereits auf die Wiener Neustädter Situation ein. Landesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller: „Fordert die Landeshauptfrau nun auch den Wiener Neustädter Bürgermeister, ÖVP Klubobmann Klaus Schneeberger, auf, die Koalition mit Landbauer in Wiener Neustadt zu beenden – oder gelten dort andere Maßstäbe, weil es um die Macht der ÖVP geht?“.
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