Das leise Sterben im Wald

Im Winter braucht das Rotwild vor allem eine Sache: Ruhe. | Foto: Hassl
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OBERTILLIACH (ebn). Schöner könnte ein Winter nicht sein. Früher Schnee, tiefe Temperaturen und immer wieder etwas Niederschlag, der die Landschaft in ein zauberhaftes weißes Kleid hüllt.
Was hier so verklärt romantisch klingt und die Touristiker strahlen lässt weckt bei einer anderen Gruppe gänzlich andere Emotionen. Denn der Winter und speziell ein durchaus strenger wie diesmal, bedeutet für Reh- und Rotwild absolute Notzeit. Für die Jägerschaft ist der Winter deshalb eine besonders arbeitsreiche Zeit.

Besonders gefordert sind die Waidmänner heuer in Obertilliach. Dort geht es dem Wild in diesem Winter besonders schlecht. Bei einem Spaziergang ein paar Rehe zu erspähen, ist eigentlich ein Grund zur Freude. Nicht aber wenn die Tiere völlig ausgezehrt und kurz vor dem Verenden auf dem Weg liegen. In Obertilliach ist das dieses Jahr keine Seltenheit. Laut dem Obmann des Jagdvereins Obertilliach, Bernd Mitterdorfer, sind es bislang rund 15 Stück Rehwild, die gefunden wurden. Wie viele Tiere dieses Jahr keine Frühlingssonne sehen werden wird sich erst zeigen, wenn der Schnee ihre Kadaver wieder freigibt.

Problemfaktor Rotwild

Die Jägerschaft kann dagegen nur wenig unternehmen. Mehrmals pro Woche rücken die Männer aus, um die 12 Rehfütterungen zu bestücken. Neben den üblichen Futtermengen die wie jedes Jahr eingelagert werden, mussten heuer bereits 400 Stück Kleinballen, 4 große Rundballen und 3 Siloballen nachgekauft werden. Aber auch das wird nicht für den restlichen Winter reichen. Man tut also alles Mögliche, um die Rehe zu versorgen und bei Kräften zu halten.

Schwieriger wird die Situation beim Rotwild. Obertilliach nimmt eine Sonderstellung ein, da es das einzige Jagdgebiet im weiten Umkreis ist, in dem Rotwildfütterungen vorhanden sind. Allerdings nicht an jeder Ecke. Im gesamten Revier des Jagdvereins ist es nur eine - mehr sind nicht erlaubt. Die Futterknappheit zieht die Tiere aus der Region nach Obertilliach, aber auch dort herrscht kein Überfluss und so kann es vorkommen, dass man ganze Rudel Nachts durch das Dorf streunen sieht. Mitterdorfer schätzt die Zahl des Rotwilds, das seinen Wintereinstand auf den Sonnenseite in Obertilliach hat, auf ca. 110 Stück. Viel zu viel für das Gebiet. Bereits im Dezember machten die Jäger die Behörde auf das drohende Problem aufmerksam. Viel Rotwild und wenig Futter führen zwangsläufig zu Schäden am Wald. Im Jänner wurde schließlich eine Notfütterung beschlossen. Dadurch ist es möglich, temporär weitere Futterplätze einzurichten.

Für die jetzige Situation ist dies der einzig gangbare Weg, um Schäden am Wald und Verluste bei den Tieren zumindest ein wenig einzudämmen. Für die Zukunft muss allerdings eine Lösung erarbeitet werden. In Obertilliach wünscht man sich, dass das Rotwild im Winter dort gefüttert wird, wo es im Sommer auch bejagt wird. So kommt es zu weniger Wanderungen und es entstehen keine Problemzonen.

Bezirksjägermeister Martin König kennt die Probleme. "Ja der heurige Winter stellt die Jäger vor eine besondere Herausforderung. Die Probleme müssen aber vor Ort gelöst werden, ich kann als Bezirksjägermeister nicht viel mehr machen, als bsp. Schnittstelle zu den Behörden zu sein." Um die jetzige Situation nicht noch weiter zu verschärfen appelliert König an Wintersportler und Hundebesitzer sich rücksichtvoll in der Natur zu bewegen und dem Wild größtmögliche Ruhezonen zuzugestehen.

Pläne für die Zukunft

Für die Zukunft werde indes eifrig an Lösungen gearbeitet. "Wir sind mitten drin, Konzepte auszuarbeiten, die eine derartige Situationen nicht mehr entstehen lassen, bzw. bei denen man auf solche Winter vorbereitet ist", so König. Dabei geht es aber nicht um mehr Fütterungen - ganz im Gegenteil. "Es geht auch ohne Rotwildfütterungen. Nur steht jetzt einfach zu viel Wild im Wald. Wir müssen die Zahlen reduzieren", gibt König Einblick in die künftigen Pläne.

Allein mit mehr schießen sei es aber nicht getan. "Es gibt viele Parameter die stimmen müssen. So z.B. das Geschlechterverhältnis oder die Altersstruktur des Wildes. Eine unserer Zukunftsaufgaben wird darin bestehen, in den Köpfen unserer Jäger zu verankern, dass sie Revier- und Gemeindeübergreifend anders denken und wohl auch anders jagen werden müssen. Das wird eine große Herausforderung, zumal eines enorm wichtig ist, nämlich dass die Freude an der Jagd nicht verloren geht. Sonst sind die Pläne am Papier wertlos", so König. Wie die Jägerzunft solche Pläne aufnimmt wird abzuwarten sein. Für König ist klar, dass eine Umstellung der Rotwildbewirtschaftung nicht von heute auf morgen vonstatten geht. Er geht von einem Zeitraum zwischen 3 und 5 Jahren aus.

Im Winter braucht das Rotwild vor allem eine Sache: Ruhe. | Foto: Hassl
Kein Einzelfall: Ein völlig erschöpftes Reh liegt auf der Straße.
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