Lokalaugenschein am Johann-Nepomuk-Berger-Platz: Von Bauhacklern und Kuchen
Bis September ist der Johann-Nepomuk-Berger-Platz gesperrt. Eine Belastungsprobe für die Unternehmer dort.
OTTAKRING/HERNALS. Bauarbeiter zu sein, kann einem im August ganz schön zusetzen: Staub und Lärm, gepaart mit schweißtreibenden Temperaturen – alles nicht sehr angenehm. Der Job hat aber auch schönere Seiten: Gratis-Mehlspeisen etwa. Die werden täglich an die Hackler am Johann-Nepomuk-Berger-Platz verteilt.
Der edle Spender ist Jerjes Freij vom Café Backeck. Er hat aus der Not eine Tugend gemacht. Der Hintergrund: Seit Juli ist der Platz wegen Umbauarbeiten gesperrt. Dementsprechend lassen die Gäste im Kaffeehaus am Johann-Nepomuk-Berger-Platz 1 auf sich warten. "Alles, was mir an Gebäck oder Kuchen übrig bleibt, verteile ich am Abend an die Bauarbeiter. Wäre ja schade drum", so Freij.
Sommerloch für Geschäft
Doch mit verschenkten Golatschen und Schoko-Croissants nicht genug: Freij hat auch die Öffnungszeiten an die Gästeflaute angepasst. "Regulär habe ich bis 22 Uhr geöffnet. Seit dieser Woche sperre ich aber schon um 15 Uhr zu. Darüber nachdenken, was einem dabei an Umsatz entgeht, darf man halt nicht."
In eine ähnliche Kerbe schlägt Gerald Kerbl von Papier Kerbl. Seit 38 Jahren führt er sein Geschäft in der Ottakringer Straße 23 und bezeichnet sich selbst als "Top-Seller in Wien bei Schultaschen": "400 Stück verkaufen wir durchschnittlich zum Schulstart." Aktuell kämpft Kerbl jedoch mit dem Sommerloch: "Zwölf Prozent weniger Umsatz als sonst hatten wir im Juli." Das Problem: Der Platz ist auch für die Öffis wie die Linie 44 tabu. "Jetzt sind es vom Geschäft aus 400 Meter bis zur nächsten Bim-Station. Mit Kindern ist das halt dann teilweise mühsam."
Aber nicht nur auf das Café ums Eck und den kleinen Papiertandler hat die Sperre Auswirkungen, sondern auch auf Big Player wie die Ottakringer Brauerei. Dort findet im Juli und August die Veranstaltungsreihe "Braukultur-Wochen" statt. "Weil die Straßenbahnen nicht mehr direkt zum Platz fahren, hatten wir im Juli um ein Viertel weniger Besucher als im Vorjahr", so Vorstand Matthias Ortner.
Arbeiten liegen im Plan
Beschwerden über die ausfallenden Linien kennt man auch bei den Wiener Linien: "Es gibt natürlich den Wunsch nach Ersatzlinien. Aber der Platz ist für den gesamten Verkehr gesperrt. Wir haben daher entschieden, die umliegenden Linien in Gehreichweite zu verstärken", so die Auskunft. Die Arbeiten liegen im Zeitplan. Anfang September soll die Sperre aufgehoben sein. Bleibt zu hoffen, dass Freij bis dahin zumindest nicht mehr ganz so viele seiner Mehlspeisen verteilen muss.
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