Bau am Steinhof: Die Bäume sind gefällt, die Rehe spielen nicht mehr
Die Initiative „Steinhof-gestalten“ fordert ein Gesamtkonzept für das Otto-Wagner Spital bevor es zu spät ist. Die Stadt Wien würde schwerwiegende Fehler begehen.
PENZING. "Wenn jetzt nichts geschieht, dann wird es zu spät sein", sind sich Christine Muchsel und Wolfgang Veit einig. Muchsel, Veit und viele andere kämpfen in der Bürgerinitiative "Steinhof gestalten" für den Erhalt der Anlage des Otto-Wagner-Spitals (OWS) am Steinhof. Die Zeit dränge, denn bereits in eineinhalb Jahren werde die Hälfte der Pavillons leer stehen. Laufend würden Abteilungen in andere Krankenhäuser abgesiedelt. Die ersten Wohnbauten wurden schon errichtet. Die Initiative fordert, das Areal über den Weg einer gemeinnützigen Stiftung für die Nachwelt zu erhalten und die Nutzung sozial und zeitlich begrenzt zu gestalten.
Die Stadt Wien lässt in einer Aussendung von November wissen, dass man wichtige Projekte angehe, die die gesundheitliche Versorgung der Stadt sichern. Dazu zähle die Verlagerung der psychiatrischen Abteilung aus dem OWS ins Krankenhaus Hietzing. Außerdem werde man ambulante Leistungen forcieren. Das OWS war jedoch bisher auf langfristige Genesungsprozesse ausgelegt. Mit der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gab es in der Vergangenheit Gespräche über den Plan, am Areal eine Universität anzusiedeln. Vonseiten der BIG heißt es, dass man mit der Stadt eine Machbarkeitsstudie erstellen und dafür einen Termin vereinbaren wollte. Doch: "Dieser Termin sollte durch den Vertreter der Stadt organisiert werden. Bis dato haben wir leider noch keine Einladung dazu erhalten."
Die Rehe sind weg
Spätestens seitdem im vergangenen Februar das Föhrenwäldchen bei der historischen Pathologie geschlägert wurde und dort vier Wohnhäuser errichtet wurden, sei klar, dass die Entleerung des OWS in vollem Gange sei, ist sich Veit sicher. Seither stehen nämlich die Pavillons in der unmittelbaren Nähe leer und vor dem Verfall. "Wohnen zwischen Ruinen, das scheint das Marketing-Konzept der Gesiba zu sein", spottet Veit.
Gernot Rainer hat selbst neun Jahre lang als Arzt im OWS gearbeitet. "Ich habe unzählige Nachtdienste dort verbracht", sagt er. "Ich habe Rehfamilien beim Spielen beobachtet. Das ist wahrscheinlich einzigartig auf der Welt", so Rainer. Nun sind die Rehfamilien weg. Große Chancen für eine sinnvolle Nutzung im Sinne der Gesundheit würde man durch die Verbauung aufs Spiel setzen. Statt der geplanten Wohnhäuser würden nämlich dringend Pflegeeinrichtungen, Rehabilitationsangebote und Hospize benötigt. Sechs neue Wohnbauten sollen jedoch bald mitten auf das Therapie-Areal gebaut werden.
Insider sprechen von frei finanzierten Eigentumswohnungen, da der Bauträger, die Gemeinnützige Siedlungs- und Bau AG Gesiba, nur dadurch Gewinne erwirtschaften könne. Die eigentliche Planung der gesamten Anlage und ihre weltweit bekannte Bedeutung würden damit zunichtegemacht – und das ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2018. Denn Otto Wagner starb vor 100 Jahren, vor 111 Jahren wurde die Anlage des weltbekannten Architekten errichtet.
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