Ofen aus nach 111 Jahren
Seit 1907 ist die Bäckerei Wiesmayr in St. Georgen an der Gusen eine untrennbar mit dem Ort verbundene Institution. Diese Ära findet nun ihr Ende. Nach dem Betriebsurlaub wird der vertraute Name am schönsten Haus des Marktplatzes verschwunden sein. Auf frisches Brot müssen die St. Georgener künftig aber trotzdem nicht verzichten - ein bisheriger Mitbewerber aus einer Nachbargemeinde wird übernehmen.
Seit einer Woche sind die Schmiedeeisentore am Stiegenaufgang verschlossen, die Schaufenster des rosaroten Turmhauses leergeräumt. Was schon einige Wochen im Ort gemunkelt wurde, ist wirklich Realität geworden: "Der Wiesmayr hört auf!" Kein leichter Schritt für die Claudia Wiesmayr, die letzte Chefin der alteingesessenen Bäckerfamilie, die in den vergangenen Tagen ihren Kunden die Fragen nach dem "Warum" sehr oft beantworten musste.
Schwieriges Umfeld für Famileinbetrieb
Es ist ein Mix aus mehreren Gründen, symptomatisch für die Situation vieler kleiner ländlicher Bäckereien. Brot und Gebäck gibt es heute frisch aufgebacken in fast jedem Diskonter, den Extra-Abstecher zum Bäcker sparen sich viele. Auch das Bäckerauto, dass mehrmals pro Woche Bauernhöfe und ländliche Siedlungen rund um St. Georgen abklapperte, lohnt sich kaum noch. Wo früher bis zu sechs der gelben VW-Busse unterwegs waren, bleib am Schluss nur mehr eines. "Die klassischen alten, wenig mobilen Menschen abseits der Infrastruktur, der frühere Kern der Kundschaft, werden immer weniger. Den Wocheneinkauf nehmen der Oma nun ihre Enkel vom Diskonter mit. Mit ein paar Salzstangerln oder ein, zwei Topfentascherln halten sich die Einnahmen in Grenzen", erzählt Max, der letzte verbliebene "Geifahrer". Aber auch der Fachkräftemangel im Handwerk ist ein Problem für viele Betriebe. So war es trotz intensiver Bemühungen nicht möglich, einen zweiten Bäcker zu finden - es gibt schlichtweg kaum welche am Arbeitsmarkt und auch Lehrlinge sind Mangelware. Da auch in der Familie keiner den Betrieb weiterführen wollte, lag die Entscheidung zum Aufhören nach 111 Jahren schließlich nahe.
Engerwitzdorfer Bäckerei übernimmt Betrieb
Für die St. Georgener findet sich aber trotz des Abschiedes eine gute Mühlviertler Lösung. Die Naturbackstube Honeder aus Engerwitzdorf, mit 125 Jahren Tradition und einer damit noch einmal 14 Jahre längeren Unternehmensgeschichte als beim Wiesmayr, wird Standort und Mitarbeiter übernehmen und dort die mittlerweile zwanzigste Filiale eröffnen. Das in den letzten Jahren stark gewachsene Unternehmen hat sich mit seinem Mix aus Mühlviertler Tradition, hochwertiger Qualität und Auswahl und einem durchdachten Filialkonzept auf dem schwierigen Markt gut behauptet. Gebacken wird am großen Produktionsstandort in Engerwitzdorf. Schon in der zweiten Augusthälfte soll es dann auch in St. Georgen mit dem Geschäftsbetrieb losgehen.
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