100 Jahre Republik Österreich - BRAMBERG

Kolorierte Postkarte von Bramberg aus dem Jahr 1909, links oben eine Zeichnung vom Großvenediger. | Foto: Ortsarchiv Bramberg
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  • Kolorierte Postkarte von Bramberg aus dem Jahr 1909, links oben eine Zeichnung vom Großvenediger.
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BRAMBERG (ek). Zur Vorgeschichte: Seit Anfang des 15. Jahrhunderts wurde im sogenannten "Revier Bramberg" Bergbau betrieben - bis 1864. Dann musste der Stollen wegen der Konkurrenz aus den Kronländern der Monarchie geschlossen werden, die wirtschaftliche Situation der arbeitslos gewordenen Bramberger und ihrer Familien verschlechterte sich dramatisch. Die Gemeinde konnte die wachsende Armut finanziell nicht auffangen, und so emigrierten von 1870 bis 1902 siebzig Männer nach Amerika - Arbeitskräfte, die in der heimischen Landwirtschaft in der Folge fehlten. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde dazu noch beinahe die Hälfte der Männer zum Kriegsdienst eingezogen - so viele wie in keiner anderen Pinzgauer Gemeinde.

Der Krieg ist aus

1918 kehrten 151 von ihnen zurück, wie eine Liste der Heimkehrer im Archiv dokumentiert. Die ohnehin durch den Krieg bis auf das äußerte angespannte Situation in der Heimat, die Knappheit an Nahrungsmitteln und Kleiderstoffen, wurde durch die lang ersehnte Rückkehr der Väter und Söhne noch schwieriger. Der Winter stand im November 1918 vor der Tür, und die zum Teil schwer traumatisierten und abgemagerten Soldaten (Ende 1918 bestand die zugeteilte Mehlration pro Erwachsenen aus 37,5 Gramm) hatten oft nicht einmal das Notwendigste zum Leben. Dass in Wien zur selben Zeit die Republik ausgerufen wurde und damit die jahrhundertealte Epoche des Habsburgerreiches ihr Ende fand, war für die Bevölkerung ein fernes Ereignis ohne unmittelbare Bedeutung für ihr eigenes Leben. Die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich in den Folgejahren noch mehr durch die dramatische Inflation, und viele Bramberger folgten der Sehnsucht nach einem besseren Leben und gingen wie schon die Generation vor ihnen nach Amerika.

Hilfe aus Übersee

1918 gab es in Bramberg 300 Volksschulkinder - 150 von ihnen wurden durch die Suppenküche der amerikanischen Kinderhilfe verköstigt. Bei den jährlichen "Christbaumfeiern" erhielten 60 von ihnen Schuhe und einen "Rock", also eine Winterjacke, da die Eltern die Mittel dazu nicht aufbringen konnten. Hier sprangen die Alpenvereinssektionen von Berlin und Wien mit Spenden ein. Auch die ausgewanderten Bramberger unterstützen von Amerika aus die Kinderhilfe mit Geldsendungen, obwohl sie selber in ihrer neuen Heimat nicht auf Rosen gebettet waren.

Rivalität zu Mühlbach

Die zunehmende Radikalisierung der Politik in der Zwischenkriegszeit wurde auch in Bramberg spürbar, die "traditionelle" Rivalität zu Mühlbach gewann durch die politischen Auseinandersetzungen an Schärfe. Der Anschluss an Deutschland 1938, von vielen als Lösung für die innenpolitischen Probleme ersehnt, beendete schließlich 1938 den Bürgerkrieg auf tragische Weise - und mit katastrophalen Folgen auch für Österreich.

ZUR SACHE I - Archivar Josef Seifriedsberger
"Historisch interessiert war ich schon immer", schmunzelt Josef Seifriedsberger (Foto Nr. 3), der uns in seinem Archiv im obersten Stock des Bramberger Gemeindeamtes empfängt. "Im Rahmen der Erstellung der Ortschronik im Jahr 1990 haben wir unter Direktor Hans Hönigschmid erstmals begonnen, Material zu sichten - das war der Grundstock des heutigen Archivs. Hönigschmid hat mich zu seinem Nachfolger bestimmt, und als mich dann der damalige Bürgermeister Walter Freiberger fragte, ob ich das übernehmen würde, habe ich ja gesagt - nicht ahnend, was damit auf mich zukommen würde." Das war im Jahr 2007, und damit begann die eigentliche Geschichte des Bramberger Ortsarchivs. "Vorher hatten wir nur eine mehr oder minder ungeordnete Sammlung von Materialien - ich habe ein halbes Jahr gebraucht, bis ich einen ungefähren Überblick hatte", erzählt Seifriedsberger. "Dann wurde das Archiv als ,richtiges' Archiv aufgebaut, so wie es jetzt besteht."

Geschichte hautnah
Mit viel Liebe und Akribie hat der pensionierte Lehrer für Deutsch, Englisch und Geschichte Dokumente und Fotos zur Ortsgeschichte chronologisch und nach Themengebieten geordnet, archiviert und damit auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. "Zwanzig Stunden in der Woche verbringe ich sicher im Archiv", gesteht der passionierte Historiker - und das ehrenamtlich. Mit großer Sachkenntnis und Gespür für das Wesentliche lässt der Akademiker im Erzählen die Geschichte von Bramberg lebendig werden - man spürt die persönliche Betroffenheit des gebürtigen Brambergers gerade in der Geschichte seiner eigenen Eltern- und Großelterngeneration. "Als Lehrer war es mir immer ein Anliegen, Geschichte für die Schüler wirklich erfahrbar zu machen, einen Bezug zu ihrem eigenen Leben herzustellen. Ich glaube, das ist mir auch gelungen - und selber hat es mir viel Freude gemacht", meint er abschließend.

ZUR SACHE II - Einheigafest um 1900 (siehe Foto Nr. 5)
Eine fröhliche Gesellschaft, vermutlich nach der Heuernte, stellt sich hier dem Fotografen - damals sicher ein besonderes Ereignis! Die Landwirtschaft war nach dem Niedergang des Bergbaus eine unentbehrliche Lebensgrundlage für die Bevölkerung. Mit Kriegbeginn 1914, als die meisten arbeitsfähigen Männer einrücken mussten, fand man kaum mehr Arbeitskräfte für die Höfe. Die Futtermittel wurden im Laufe des Krieges knapp, und oft musste das Vieh statt durch den Winter gefüttert durch den Winter "gehungert" werden. Der Überlebenswille und der Fleiß der Bramberger Bauern bewältigte auch diese schwere Zeit. 


ZUR SACHE III - Uniformen aus Brennsesseln für den kalten Winter (Foto Nr. 4)
In den letzten Kriegsjahren wurden alle noch verfügbaren Kräfte an die Front geworfen. Waren es am Anfang nur die Stärksten, mussten 1918 neben 50-jährigen Vätern 18-jährige, kaum erwachsenen Buben einrücken. Es blieben nur die Frauen, die Alten und die Kinder zurück, um mit Mühe und Not die Höfe zu bewirtschaften - und oft verdarb die Ernte auf den Feldern, weil niemand da war, der sie einbringen konnte.

Kleiderstoffe aus Baumwolle waren in der Kriegszeit Mangelware - so kam man schließlich auf die Idee, Brennesselfasern wie Flachs zu spinnen und daraus Stoffe zu weben, die wiederum zu Uniformen verarbeitet wurden. Die Bauern waren verpflichtet, zu diesem Zweck Brennesseln zu ernten und abzuliefern. Da aber das Futter für die Tiere ohnehin sehr knapp war, verfütterten viele Bauern die Brennesseln lieber dem Vieh, um zumindest Fleisch zu haben - in der Folge wurden die Stoffe immer "fadenscheiniger." Die zerrissenen, papierdünnen Uniformen, mit denen die Überlebenden 1918 von der Südfront heimkehrten, waren alles, was sie als Schutz vor der Winterkälte besaßen.)

ZUR SACHE IV - Hl. Laurentius als Patron der Kirche
Wie auch in Piesendorf ist die Pfarrkirche dem Hl. Laurentius geweiht. An ihrer Stelle, 1243 erstmals urkundlich erwähnt, stand schon um 960 der erste Kirchenbau. Am Gedenktag des Hl. Laurentius, dem 10. 8. 955, wurden die Ungarn, die damals weite Teile Süddeutschlands und Österreichs verwüsteten und als "Heiden" weitum gefürchtet waren, in einer Schlacht vernichtend geschlagen. Zum Dank errichtete man an vielen Orten, so auch in Bramberg, Kirchen zu Ehren von Laurentius, der in der Folge zu einem der wichtigsten und bekanntesten Heiligen im deutschsprachigen Raum wurde.

HIER finden sich weitere Ortsreportagen aus dem Pinzgau zum Thema "100 Jahre Republik".

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