Mobbing-Beratung der Arbeiterkammer: Nun auch im Pinzgau

Bezirksstellenleiterin Margit Pfatschbacher ist verantwortlich dafür, dass es dieses Service nun gibt. | Foto: AK / Brandecker
  • Bezirksstellenleiterin Margit Pfatschbacher ist verantwortlich dafür, dass es dieses Service nun gibt.
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PINZGAU. Seit nunmehr sechzehn Jahren steht die Salzburger Arbeiterkammer gemobbten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit einem eigenen Beratungs-Service zur Verfügung. „Rat und Tat“ sind in diesem Zusammenhang aber leider zwei Paar Schuhe: „Die Schwierigkeit liegt darin, dass es keinen gesetzlich definierten Rechtsbegriff zum Thema Mobbing gibt. Um für die Betroffenen etwas erreichen zu können, muss man erst verschiedenste andere Gesetze auf Anwendbarkeit prüfen. Also ein Puzzle-Spiel innerhalb einer rechtlichen Grauzone - zu Lasten der Mobbing-Opfer“, beschreibt Heimo Typplt, Leiter der AK–Rechtsabteilung, die Problematik, mit der sich sowohl Hilfesuchende als auch Berater konfrontiert sehen. Seit Jahren fordert die AK ein eigenes Anti-Mobbinggesetz, um Rechtssicherheit für die Betroffenen zu schaffen, aber auch um nachhaltige Bewusstseinsbildung und Präventivmaßnahmen zu ermöglichen.

Neu: Eigene Mobbing-Beratung nun auch im Pinzgau

Um betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Anreise in die Landeshauptstadt Salzburg zu ersparen, bietet die AK Salzburg ab 13. Oktober 2017 erstmals eine eigene Mobbingberatung in der Bezirksstelle Pinzgau in Zell am See an. Eine telefonische Terminvereinbarung ist notwendig. Neben einer AK-Juristin wird auch hier die Beratung durch eine Psychologin begleitet.

Kontakt Mobbing-Spezialberatung:
AK-Bezirksstelle Pinzgau
Ebenbergstraße 1 
5700 Zell am See
Terminvereinbarung Tel.  6542-73777

Was ist Mobbing?

Mobbing ist ein Begriff aus den Sozialwissenschaften. Damit bezeichnet man systematische und wiederholte Schikanen und Angriffe (Richtwert: mindestens einmal in der Woche über mindestens ein halbes Jahr) auf eine Person oder Gruppe. Die Angriffe beziehen sich auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen, auf soziale Beziehungen, auf das Ansehen, die Berufssituation sowie die Gesundheit und enden mit dem Ausschluss aus der betrieblichen Gemeinschaft.

Ein typisches Beispiel

Herr S., der immer dreischichtig gearbeitet hat, wird plötzlich – ohne Angabe von Gründen – nicht mehr für die Nachtschicht eingesetzt. Das führte zu einem Einkommensverlust, den er nicht akzeptieren wollte. Sein Vorgesetzter verweigerte ihm ein Gespräch. Auch seine Kollegen mieden ihn zunehmend. Diese Isolierung führte bei Herrn S. zu Schlafproblemen und schlussendlich zu psychischen Problemen. Dazu kam, dass er aufgrund des unerklärlichen Verhaltens seines Vorgesetzten sowie seiner Kollegen befürchtete, überhaupt auf der Abschussliste zu stehen und seinen Arbeitsplatz zu verlieren.
Er wandte sich schließlich an die Mobbingberatung der AK Salzburg. In Gesprächen mit der Firma versuchte man die Problematik zu klären und wieder normale Verhältnisse für Herrn S. zu schaffen. Im konkreten Fall war er aber so angeschlagen, dass er von sich aus nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückwollte. So wurde das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst und von der AK darauf geschaut, dass wenigstens alle Ansprüche von Herrn S. ordentlich abgerechnet wurden. Leider kein Einzelfall - immer wieder kommt es vor, dass Mobbingopfer von sich aus das Handtuch werfen und aus der Firma ausscheiden.

Seit 2001 Mobbing-Beratung in der AK

Seit nunmehr 16 Jahren unterstützt die AK jedes Jahr rund 200 Mobbingopfer im Kampf um ihre Rechte. „Betroffene, die zu uns in die Beratung kommen, möchten wissen, ob sie gemobbt werden oder sogar selbst am Problem schuld sind. Bei anderen ist die Situation bereits so weit fortgeschritten, dass sie das Gespräch eröffnen „ich kann nicht mehr in den Betrieb gehen“, beschreibt Typplt die Beratungssituationen. „Hier heißt es dann dafür zu sorgen, dass Betroffene ohne zusätzlichen Schaden, meist finanzieller Art, aus dem Arbeitsverhältnis heraus kommen.“
Typplt weiter: „Unser Konzept ist es, beim Erstgespräch festzustellen, ob Mobbing oder eine anderes Problem vorliegt, etwa ein Konflikt. Das wird gemeinsam mit einem Psychologen oder einer Psychologin eruiert. Die Hilfe die wir in der AK anbieten können, ist neben der Beratung die Intervention beim Arbeitgeber, wenn diese vom Betroffenen gewünscht wird. Eingebunden wird auch der Betriebsrat. Wir bieten auch an, Kontakt mit dem Betriebsrat aufzunehmen, damit für den Arbeitnehmer günstige Erledigungen (wie zum Beispiel eine einvernehmliche Lösung, Abfertigung) oder Versetzungen (bei dauernder Versetzung ist die Zustimmung des Betriebsrates notwendig) erreicht werden können.“

Ursachen und Folgen von Mobbing
Dass Mobbing immer mehr zum Thema wird, liegt nach Ansicht von Experten auch an vielen negativen Entwicklungen der Arbeitswelt. Gemobbt wird etwa aus strukturellen Gründen, wie: Druck durch Rationalisierung, drohende Umstrukturierungen, Ausgliederung oder Schließung von Betriebsteilen, Neuorganisationen, die keine Rücksicht auf die Betroffenen nehmen, personelle Unterbesetzung, Überforderung, aber auch wegen unklarer Kompetenzverteilung oder überforderter Führungskräfte.
Mobbing verläuft typischerweise in vier Phasen und endet mit dem Ausschluss aus der betrieblichen Gemeinschaft. Zu den häufigsten Folgen zählen Leistungsminderung, Krankenstände und Personalwechsel sowie indirekte Belastungen für das Team und den gesamten Betrieb.

Gesundheitsberufe sind besonders betroffen
Auffallend ist, dass die Gesundheits- und Sozialberufe offenbar besonders stark betroffen sind. So kommt rund ein Drittel (30 Prozent) der von Mobbing betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dieser Branche.
Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt:  In neun von zehn Mobbingfällen ist der Vorgesetzte direkt oder indirekt beteiligt. So auch in dem vorhin geschilderten Fall. Aktiv bedeutet, dass Führungskräfte selbst mobben oder, wie nur vermutet werden kann, andere beauftragen, Mitarbeitern das Leben schwer zu machen und den Konkurrenzkampf anzuheizen. Ein Beispiel: Ein Vorgesetzter erlässt ein Handyverbot gegenüber einem Mitarbeiter, ruft ihn aber permanent an, um ihn zu testen.
Passive Mitwirkung seitens einer Führungskraft heißt Mobbingsituationen übersehen, nicht wahrnehmen oder auch nicht bereit sein, trotz Aufforderung einzugreifen.

Was können Betroffene machen?

Sich informieren
Mobbing-Tagebuch führen
Sich an den Betriebsrat wenden
Das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen
Hilfe von außen zuziehen
Dienstverhältnis beenden

Wie sollen Vorgesetzte reagieren?

Arbeitsrechtlich geht es meist darum, die Betroffenen vor übereilten Schritten zu bewahren, alles hinzuschmeißen und dadurch Ansprüche zu verlieren. Die Vorgangsweise ist, sich an den Vorgesetzten zu wenden und diesen zu ersuchen, dafür zu sorgen, dass die Handlungen eingestellt werden oder Verhaltensweisen geändert werden. Wichtig ist es den Vorgesetzten, die Führungskräfte einzubinden. In der Praxis beobachten wir, dass Führungskräfte nicht gerne mit dem Begriff Mobbing konfrontiert werden. Manche sagen auch „streitet nicht“, „regelt es untereinander“.

Die Möglichkeiten, die eine Führungskraft hat:
Gespräche führen
Klare Grenzen aufzeigen 
Verwarnung des Mobbers
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Versetzung

In den meisten Fällen ist es aber wichtig, Betroffene und Mobber räumlich zu trennen, was zur Folge hat, dass Versetzungsmöglichkeiten zu prüfen sind. Eine Versetzung des Betroffenen sollte, wenn rechtlich möglich, nur mit dessen Zustimmung erfolgen. Ein Mittel zur Vermeidung von Mobbing ist auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu diesem Thema.

Schwieriger ist die rechtliche Situation, wenn ein Arbeitnehmer sagt, er kann nicht mehr in den Betrieb gehen. Betroffenen geht es meistens gesundheitlich, hauptsächlich psychisch, bereits sehr schlecht. In diesem Fall ist dem Betroffenen insofern zu helfen, dass das Arbeitsverhältnis unter Wahrung aller finanziellen Ansprüche wie der Abfertigung alt gelöst wird, aber auch bei begründeter Kündigung durch den Arbeitnehmer muss sofortiger Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung ohne Sperrfrist gewährt sein.

Mobbing-Prävention

Typplt: „Mobbing wird durch respektvollen Umgang miteinander eingegrenzt. Je stärker es missbilligt wird, desto seltener und kürzer tritt es auf. In diesem Sinn wirken auch allgemeine präventive Maßnahmen. Es geht dabei darum, Mobbing aktiv zum Thema zu machen und von der Führungsspitze abwärts eine klare und eindeutige Gegenposition zu beziehen.“
Das kann durch folgende Maßnahmen geschehen:
•Mobbing als realistische Gefahr im Betrieb anerkennen
•Infoveranstaltungen, Artikel in der Hauszeitung etc.
•Sensibilisierung und Aufklärung im Team
•Identifizierung von Mobbingauslösern und begünstigenden Faktoren
•Organisatorische Änderungen, Reduktion von Mobbing fördernden Strukturen
•Supervision und Fortbildungen für gefährdete Gruppen
•Institutionalisierter Umgang mit Mobbing (Betriebsvereinbarungen,
klarer Beschwerdeweg, Schlichtungsstelle etc.).

Mobbing und Recht

„Aus rechtlicher Sicht liegt die Schwierigkeit darin, dass es keinen Rechtsbegriff Mobbing gibt. Es ist daher zu überprüfen, welches Gesetz, auf die einzelne Handlung anzuwenden ist“, beschreibt AK-Experte Typplt die Problematik mit der sowohl Betroffene, als auch Berater konfrontiert sind. Heranzuziehen sind Gesetze wie etwa das Gleichbehandlungsgesetz, Salzburger Landesgleichbehandlungsgesetz, Salzburger Gemeindevertragsbedienstetengesetz, Frauenförderpläne, Behinderteneinstellungsgesetz, Strafgesetz, oder das Arbeitnehmerschutzgesetz.

Seit 1. Juli 2004 gibt es einen ersten Schritt zur rechtlichen Handhabe gegen Mobbing: Mit einer Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz haben Mobbingopfer erstmals Anspruch auf Schadenersatz. Können Mobbinghandlungen aufgrund von Diskriminierung, aufgrund des Geschlechtes (sexuelle Belästigung), des Alters, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung oder der sexuellen Orientierung glaubhaft gemacht werden, steht der betroffenen Person Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens zu. Dazu gehören Behandlungskosten, Kosten für psychologische Hilde sowie ein Anspruch auf Schadenersatz für persönliche Beeinträchtigung in Höhe von mindestens 1.000 Euro. Der Beweis des Zusammenhanges zwischen Mobbing und der psychischen und physischen Erkrankung ist dabei allerdings zu erbringen.
Das Strafgesetzbuch deckt Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Datenbeschädigungen, Rufschädigung und Körperverletzung ab. Viele Handlungen erfolgen aber in einer „rechtlichen Grauzone“. Das sind etwa Ignorieren, Informationen vorenthalten, nicht Grüßen, unhöflicher Ton. Diese Handlungen fallen unter keine Norm, kränken aber den Betroffenen und können auf Dauer krank machen.

Text: Arbeiterkammer

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