Ein Künstler gegen die braune Vergangenheit

Seit Jahren wird Bernhard Gwiggner nicht müde, sich um Aufklärung der braunen Vergangenheit Thoraks zu bemühen.
2Bilder
  • Seit Jahren wird Bernhard Gwiggner nicht müde, sich um Aufklärung der braunen Vergangenheit Thoraks zu bemühen.
  • hochgeladen von Christian Kaserer

SALZBURG (ck). "So etwas kann doch nicht sein. Ein Nazi-Bildhauer mitten in der Stadt auf öffentlichem Grund", sagt Bernhard Gwiggner und meint damit die beiden Skulpturen von Josef Thorak im Salzburger Kurpark. "Täglich fuhr ich mit dem Rad daran vorbei und fragte mich, wer wohl der Schöpfer der Skulpturen von Kopernikus und Paracelsus sein könnte. Als ich herausfand, dass sie von Hitlers Lieblingsbildhauer sind, lag mir das schwer im Magen. Thorak war Günstling und Unterstützer des verbrecherischen Systems der Faschisten und hatte große Propagandawirkung. Und so etwas steht unkommentiert im öffentlichen Raum! Da wollte ich unbedingt etwas tun."

Gegen das Schweigen

Bernhard Gwiggner, der selbst bildender Künstler ist, beschäftigt sich nun bereits nahezu ein volles Jahrzehnt mit Thoraks Skulpturen. Bei seinen Kollegen stieß er auf Interesse, aber wenig Motivation und bei der etablierten Politik auf verschlossene Ohren. "Für mich war und ist es eine Frage des Umgangs mit Relikten aus der NS-Zeit im öffentlichen Raum. Da wird hier in Salzburg ja oft nur totgeschwiegen. Aber solange man so etwas nicht aufarbeitet, wird man ja immer wieder Probleme mit Rechtsextremen in der Stadt haben. Das ist ja auch ein deutliches Zeichen an solche Menschen, dass man nicht ernsthaft dagegen wirkt." Nach etlichen abgelehnten Anträgen, eröffnete sich für Gwiggner 2010 die Möglichkeit, seine Ideen im Museumspavillon umzusetzen. Zu den damaligen Arbeiten zählten eine über fünfzig Meter lange Rolle, die sich durch Zeichnungen mit Thoraks Bezügen zu Salzburg beschäftigte, sowie eine fast drei Meter hoher Skulptur, die der Künstler "WoThora" nannte. Zwar spielte er mit diesem Titel auf einen Ausstellungswettkampf zwischen Thorak und Fritz Wotruba aus dem Jahre 1950 an, dass der Name Thoraks jedoch zu Thora, dem ersten Teil der hebräischen Bibel verändert wird, war gewiss nicht dem Zufall geschuldet.

Aufklären und entgegensetzen

Auch bei "GegenSetzung", dem neuesten Projekt des Künstlers, spielt "WoThora" eine zentrale Rolle. Bei der Skulptur aus Lack, Polyester, Spachtelmasse, Styropor und Papier handelt es sich nämlich um den Versuch, Thoraks Paracelsus 1:1 in modernistisch-kubischer Formensprache nachzubauen. Damit hält Bernhard Gwiggner der idealisierenden und verklärenden Propaganda-Kunst Thoraks einen Stil entgegen, der unter der NS-Herrschaft als "entartet" galt und verboten war. Vom 3. bis zum 9. Mai wird "WoThora" dem "Paracelsus" im Kurpark unter Anwesenheit des Künstlers für mehrere Stunden am Tag direkt gegenüber gestellt sein. "Mit meiner temporären Intervention will ich mit Menschen direkt in den Dialog treten und sie darüber aufklären, wer Thorak war und warum das Thema auch heute noch so wichtig ist. Ich bin froh, dass es seit einigen Jahren immer mehr ziviles Engagement gibt und sich beispielsweise der KZ-Verband solidarisch hinter mich stellt", so Bernhard Gwiggner. Dass die Stadt sich dazu entschloss, seine Ausstellung zu dulden, jedoch offiziell keine Kosten übernehmen mag, ist ihm allerdings ein kleiner Wehrmutstropfen in der Freude über das Gelingen seines Projekts.

Es braucht mehr Engagement

"Als KZ-Verband Salzburg stellen wir uns voll und ganz hinter Gwiggners Projekt. Es ist traurig, dass diese Entschlossenheit aus dem privaten Bereich kommt und eine ordentliche Aufarbeitung der Vergangenheit sowie eine Umbenennung der Thorak-Straße nicht von offizieller Seite angegangen werden. Dass die Stadt auch den Gnigler Bildungscampus nicht nach dem Widerstandskämpfer Franz Ofner benennen will, zeugt von einem offenen Unwillen sich antifaschistisch zu engagieren", kommentiert Siegfried Trenker vom KZ-Verband die Ausstellung. Angst davor, dass man ihm seine Statue in der Nacht, wenn er sie auf den Boden gekippt liegen lässt, vernichtet, hat der Bildhauer freilich. Damit könne und müsse er jedoch leben, da es dann immerhin zeige, dass die braune Vergangenheit immer noch höchst brisant zugegen sei. Ruhig um das Thema wird es allerdings auch nach dem Ende von "GegenSetzung" nicht werden: Am 19. Mai wird im Salzburg Museum ab 18.00 Uhr Gwiggners neues Buch „Josef Thorak. Hitlers Lieblingsbildhauer und sein Bezug zu Salzburg“ vorgestellt. Es erscheint im Salzburger Verlag „Edition Tandem“ und dokumentiert seine künstlerische Arbeiten zu Thorak. Texte steuerten die Salzburger Historikerinnen Susanne Rolinek und Hildegard Fraueneder bei. Sie gelten als Expertinnen zu Thorak und wollen damit Interessierten einen Einstieg in das Leben des Mannes geben, zu dem es bis heute lediglich eine Biografie aus einem rechtsextremen Verlag und eine tausendseitige Dissertation gibt.

Seit Jahren wird Bernhard Gwiggner nicht müde, sich um Aufklärung der braunen Vergangenheit Thoraks zu bemühen.
Mit "GegenSetzung" stellt Gwiggner dem Paracelsus ein Kunstwerk entgegen, welches dazumal verboten gewesen wäre. | Foto: Bernhard Gwiggner
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.