"Darf ich Mama zu dir sagen?" Zwei Schärdinger Pflegefamilien erzählen

Ina und Franz Daller aus Eggerding mit ihrer leiblichen Tochter Flora und Pflegekind Patrick (Name von der Redaktion geändert). Mit sieben Monaten kam er zur Familie.
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EGGERDING, KOPFING (ska). Wer ist meine Bauch-Mama und wer ist meine Herz-Mama? "Das zu wissen, ist für die Kinder unglaublich wichtig", sagt Ina Daller. Die 52-Jährige aus Eggerding hat vor neun Jahren gemeinsam mit Ehemann Franz Pflegekind Patrick (Name von der Redaktion geändert) aufgenommen. Patrick war damals erst sieben Monate alt. Die Familie ist sich sicher: "Ein Pflegekind aufzunehmen, ist eine Bereicherung für die Familie. Aber man muss sich im Klaren sein, dass es ein enormes 'Packerl' mit sich trägt."

Denn für die Kinder wird nicht umsonst ein neues Lebensumfeld gesucht. "Meist ist ein Elternteil psychisch krank und kann sich nicht ausreichend um das Kind kümmern. Oder die Familie befindet sich in einer schweren Krise", beschreibt Karin Stimeder von der Kinder- und Jugendhilfe Schärding. "Kurz gesagt, wir schauen, ob das Kindeswohl gefährdet ist und ob das Kind zu seinem Schutz einen Platz in einer zweiten Familie braucht." 

Und dieser Platz kann auf Zeit oder auf Dauer sein. Bei den Dallers in Eggerding war von Anfang an klar, dass Patrick dauerhaft bei ihnen bleiben soll. Und dass die Karten stets offen auf dem Tisch liegen: "Das Kind muss wissen, woher es kommt", ist Ina Daller überzeugt. "Verschweigt man es, fängt es irgendwann an zu suchen." Kontakt zur Herkunftsfamilie bestehe dennoch nicht. Patricks Mutter ist vor drei Jahren verstorben. Den Vater kennt der Bub gar nicht.

Ganz anders ist das bei Familie Gumpinger in Kopfing: Nicole und Matthias Gumpinger haben innerhalb von dreieinhalb Jahren, zusätzlich zu den drei leibliche Kindern, drei Pflegekinder aufgenommen: Den heute siebenjährigen Jonas sowie die Geschwister Anna und Paul, sechs und vier Jahre alt (Namen von der Redaktion geändert). Alle drei kennen ihre leiblichen Eltern und sehen diese auch regelmäßig einmal im Monat für eineinhalb Stunden. "Wir treffen uns meistens in Schärding", erzählt Mama Nicole. "Ein neutraler Ort ist wichtig, denn Zuhause sollen die Kinder absolut sicher sein." 

Bei Besuchskontakten ist die Kinder-und Jugendhilfe anfangs mit dabei. "Anschließend können die Familien die Termine auf Eigeninitiative ausmachen", erklärt Karin Stimeder. Gibt es Spannungen, steht die Sozialarbeiterin weiterhin unterstützend zur Seite. Stimeder betreut zur Zeit 27 Pflegefamilien im Bezirk Schärding, die insgesamt 38 Kinder, die oberösterreichweit vermittelt wurden, aufgenommen haben. "Wir sind gut aufgestellt, was die Pflegefamilien betrifft", sagt die Sozialarbeiterin. Aber: In den vergangenen zwei Jahren sind in Schärding keine neuen mehr dazu gekommen. "Wir bräuchten mehr Pflegefamilien hier bei uns", macht Stimeder deutlich. "Auch welche, die es sich vorstellen könnten, ältere Kinder zu betreuen." 

Angst, die Kinder könnten ihnen wieder weggenommen werden, bräuchten die Familien nicht haben. "Das kommt in der Langzeitpflege in den seltensten Fällen vor", sagt Stimeder. Denn das Kind werde nicht ohne Weiteres aus seiner neuen, gewohnten Umgebung gerissen. 

Und die "Arbeit" der Pflegefamilien sollte immerhin nicht umsonst sein: "Speziell in der Anfangszeit investiert man viel Zeit, damit das Kind seinen Platz in der Familie findet. Man muss viel aufarbeiten", sagt Gumpinger aus Kopfing und nennt die Schlagworte Frühtraumatisierung und Bindungsstörung. Für ein Pflegekind brauche man ein Quäntchen mehr Geduld und Stressresistenz", sagt sie mit einem Schmunzeln. 

Auch Ina Daller sagt: "Wir wussten, dass das Kind eine Geschichte mitbringt, und dass wir mit dieser umgehen müssen." Es gab viele Fragezeichen – auch gesundheitlich. Patrick war ein Frühchen, verbrachte nach der Geburt einige Zeit im Spital, dann bei einer Krisenpflegemutter bevor er zu den Dallers kam. "Man muss einfach die Bereitschaft haben, sich darauf einzulassen, dann gewinnt man unglaublich viel", sind Ina und Franz Daller überzeugt. 

"Haben die Kinder erst Vertrauen gewonnen, zeigen sie das auf besondere Weise", sagt auch Nicole Gumpinger. Die Kopfingerin erinnert sich an das erste Monat mit Pflegetochter Anna: "Plötzlich kam sie zu mir und fragte, 'Darf ich Mama zu dir sagen?' Das war ein unglaublich schöner Moment", erzählt sie. 

Pflegeeltern beantworten Fragen beim Tag der offenen Tür am 13. September 2018

Anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Bezirkshauptmannschaft Schärding stellt sich beim Tag der offenen Tür am 13. September 2018 auch die Kinder- und Jugendhilfe vor. Die beiden Pflegefamilien Gumpinger aus Kopfing und Daller aus Eggerding beantworten gemeinsam mit Sozialarbeiterin Karin Stimeder dabei die Fragen aller Interessierten. Nicole Gumpinger ist von 11 bis 14 Uhr, Ina Daller von 14 bis 17 Uhr vor Ort. 

Die beiden Pflegemütter können direkt aus der Praxis berichten: Wie funktioniert die Vermittlung eines Pflegekindes, wie läuft die Kennenlernphase ab und welche Voraussetzungen muss eine Pflegefamilie mitbringen? Und ein wichtiger Aspekt: Welche finanziellen Unterstützungen gibt es? Beide Mütter – Nicole Gumpinger und Ina Daller – haben die Möglichkeit in Anspruch genommen, ein Dienstverhältnis mit Plan B, einer privaten Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, abzuschließen. Dieses gibt sozialversicherungsrechtliche Absicherung, etwa was die Pensionsversicherung betrifft. 

Ina und Franz Daller aus Eggerding mit ihrer leiblichen Tochter Flora und Pflegekind Patrick (Name von der Redaktion geändert). Mit sieben Monaten kam er zur Familie.
Matthias und Nicole Gumpinger aus Kopfing haben zusätzlich zu ihren drei leiblichen Kindern drei Pflegekinder aufgenommen. | Foto: Gumpinger
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