Prozesse am Landesgericht sind öffentlich – außer es geht um Missbrauch

Der gebürtige Esternberger Walter Koller ist seit 2012 Vizepräsident des Landesgerichts Ried.
  • Der gebürtige Esternberger Walter Koller ist seit 2012 Vizepräsident des Landesgerichts Ried.
  • hochgeladen von Kathrin Schwendinger

ESTERNBERG, RIED (ska). Der "waschechte" Innviertler – Koller lebt in Braunau, ist aufgewachsen in Esternberg, Bezirk Schärding, und arbeitet in Ried – spricht über die Prozesse mit dem meisten Medienecho, über seine Aufgabe im Drei-Richter-Senat und darüber, weshalb Strafprozesse immer komplexer werden.

Herr Koller, an welche Fälle erinnern Sie sich, die in den Medien besonders präsent waren?
Das war eindeutig der sogenannte Oma-Mord in Taufkirchen 2013/14. Und besonders viel Aufmerksamkeit erhielt der Prozess gegen den ehemaligen Vize-Kriminalchef von Guatemala, ebenfalls 2013, der in Österreich um Asyl angesucht hatte. Ihm wurden in seinem Heimatland eine Reihe von Straftaten zur Last gelegt. Er wurde aber am Ende freigesprochen. 

Und in jüngster Zeit?
Das war die Geschichte um Maria Mandl aus Münzkirchen. Die Aufseherin im KZ Auschwitz wurde vom Landesgericht Ried damals als im KZ verstorben geführt. Eigentlich ist sie aber von einem polnischen Gericht verurteilt und schließlich hingerichtet worden. Ich bin zufällig darauf aufmerksam geworden und wusste, dass wir das berichtigen müssen. 

Die Medienanfragen kommen allesamt zu Ihnen. Das heißt, Sie müssen über alle Fälle Bescheid wissen?
Ja und Nein. Denn alle Akten sind in unserem System registriert. Dadurch hab ich etwa Einsicht in die jeweilige Anklageschrift.

Speziell in Strafprozessen geht es um sensible Daten. Genauso wie wir Journalisten in der Gerichtsberichterstattung sind auch Sie an Richtlinien gebunden, um die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten zu wahren. 
Ja für uns gibt es den Medienerlass des Bundesministeriums für Justiz. Darin ist festgelegt, welche Daten wir in welchem Umfang weitergeben dürfen. Das ist dann auch von der Art des Deliktes abhängig und ob für die Person oder die Tat öffentliches Interesse besteht. Am sensibelsten ist es im Bereich des Kindesmissbrauchs. Hier muss der Opferschutz unbedingt gewahrt werden. 

Diese Verhandlungen finden dann auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, richtig? 
Nicht grundsätzlich. Aber ja, der Vorsitzende, also der Richter, entscheidet vor Ort, ob die Öffentlichkeit zugelassen wird. Es könnte zum Beispiel auch sein, dass nur die Beweisaufnahme, insbesondere die Befragung der Opfer, nicht öffentlich stattfindet. 

Ansonsten sind die Prozesse am Landesgericht aber für jedermann zugänglich?
Ja, Straf- und Zivilprozesse sind öffentlich. Für Verhandlungen des Familienrechts, wie etwa Scheidungs- oder Sorgerechtsverfahren gilt das nicht, weil diese in den persönlichen Lebensbereich eindringen. 

Wo erfahren Interessierte, wann welcher Fall verhandelt wird? 
Der Verhandlungsspiegel für eine Kalenderwoche wird immer eine Woche zuvor auf der Homepage des Landesgerichts Ried veröffentlicht.

Abgesehen von der Medienarbeit, was sind Ihre Aufgaben als Vizepräsident des Rieder Landesgerichts? 
Zu 70 Prozent bin ich nach wie vor in der Rechtssprechung tätig. So bin ich etwa Teil des Drei-Richter-Senats, der über Rechtsmittelverfahren, wie Berufung und Beschwerde entscheidet. Aufgabe dieses Senates ist auch eine inhaltliche Kontrolle der Rechtssprechung der Bezirksgerichte in Zivilsachen. Außerdem bin ich Firmenbuchrichter und kümmere mich um Zusammenschlüsse, Ausgliederungen und dergleichen bei großen Unternehmen ab 70.000 Euro Kapital. Und zudem bin ich in der Revision von anderen Gerichten eingesetzt und obliegt mir teilweise die Verwaltung des Landesgerichtes, weshalb ich etwa auch die Auslosung der Schöffen und Geschworenen vornehme.

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