Gäbe es Schärdings Bezirkshauptmannschaft nicht, dann ...

Rudolf Greiner ist seit 15 Jahren Bezirkshauptmann in Schärding. Für ihn ist unser Bezirk eine "Brücke im Zentrum Europas".
  • Rudolf Greiner ist seit 15 Jahren Bezirkshauptmann in Schärding. Für ihn ist unser Bezirk eine "Brücke im Zentrum Europas".
  • hochgeladen von Kathrin Schwendinger

SCHÄRDING (ska). Schärdings Bezirkshauptmann Rudolf Greiner spricht im Interview über "seine" Behörde, Zusammenlegungen sowie Freiwilligkeit und Sicherheit in unserem Heimatbezirk.

Gänge zur Bezirkshauptmannschaft gehören zum Leben jedes einzelnen von uns – warum braucht man die BH? 
Greiner: Die BH ist die zentrale Anlaufstelle und Verwaltungseinheit für Bürgerservice und behördliche Erledigungen, soweit nicht das Land oder die Gemeinden zuständig sind. Sie verwaltet und gestaltet den Bezirk und hat für Wirtschaft und Bürger eine hohe Bedeutung. Sie erfüllt bedeutende staatliche Aufgaben im Rahmen der klassischen Hoheitsverwaltung und ist die Hauptanlaufstelle für erstinstanzliche Verwaltungsangelegenheiten. 

Gäbe es die BH nicht, dann ...?
... wäre die Aufsplitterung der Behördenlandschaft viel schlimmer als sie es gegenwärtig ist. Wir hätten jeweils eigene Behörden für die verschiedenen Verwaltungsmaterien, welche Bürger und Unternehmen jeweils an die andere weiter verweisen würden.

Kurz zusammengefasst – was sind also die Aufgaben einer BH?
Die wesentlichen Aufgaben sind Bürgerservice und On Stop Shop, Soziales, Kinder- und Jugendhilfe, Sicherheit und Ordnung, Verkehr, Wirtschaft, Umwelt und Natur, Gesundheit, Krisen- und Katastrophenmanagement, Regionalentwicklung, Ahndung von Verstößen gegen Vorschriften – insgesamt sind dabei 600 Gesetze und Verordnungen zu vollziehen. Die BH ist also Behörde für Sicherheit und Ordnung und gewährleistet damit für das Funktionieren des gesellschaftlichen Zusammenlebens auch durch Erreichbarkeit für unaufschiebbare Entscheidungen etwa im Rahmen der Rufbereitschaft für den unverzüglichen Einsatz an Ort und Stelle. Auf Grund dieser Generalzuständigkeit ist die BH jene Behörde, die Bundes- und Landespolitik konkret umsetzt. 

Könnten diese Aufgaben nicht auch die Gemeinden erledigen?
Die BHs sind dort zuständig, wo Art und Umfang der Aufgaben über den Bereich einer Gemeinde hinausgehen. In vielen Fällen, wo komplexes Detailwissen oder ein höherer Personaleinsatz erforderlich ist, ist die Konzentration auf Bezirksebene sinnvoll und hat sich bewährt. Das wird auch von unseren Gemeinden so gesehen.

Immer wieder im Gespräch sind Zusammenlegungen der BHs – wie stehen Sie dazu? 
Die Diskussion über die Zahl der BHs ist unter den Rahmenbedingungen der Digitalisierung und der Mobilität der Bürger legitim. In der Steiermark wurden acht Bezirke zu vier zusammengelegt, in Niederösterreich der Bezirk Wien-Umgebung auf die umliegenden Bezirke verteilt, in Oberösterreich werden die Bezirke Grieskirchen und Eferding gemeinsam verwaltet. Nicht vergessen werden darf bei der Diskussion, dass sie BH eine wesentliche raumordnungspolitische und sozioökonomische Funktion gerade außerhalb der Zentralräume erfüllt. Das bedeutet leichte Erreichbarkeit für die Bevölkerung mit kurzen Anfahrtswegen, qualifizierte Arbeitsplätze für 100 Personen, davon 60 Frauen und 50 Teilzeitbeschäftigte. Deren Kenntnisse über Region sowie Bevölkerung fördern die Qualität und Dauer der Verfahren und fördern eine effiziente Zusammenarbeit der örtlichen Behörden (Bezirksgericht, Polizei, Gemeinden, ...). Das persönliche Gespräch vor Ort für Bürger, Ämter und Organisationen in verschiedenen Verfahren unerlässlich, etwa in sozialen Angelegenheiten oder bei Betriebsanlagenberatungstagen. Die BH Schärding sorgt für qualifizierte Versorgung nahe am Wohnort im ländlichen Raum bei ca. 7.000 persönlichen Kundenkontakten jährlich. Schließlich profitieren vom Standort BH auch andere Unternehmen wie Banken, Post, Tankstellen usw. und geben unsere MitarbeiterInnen ca. eine Million Euro für Einkäufe in der Stadt Schärding aus, eine weitere Million im Bezirk.

Und wie sieht es mit Kooperationen aus?
Kooperationen zwischen den BHs gibt es auch jetzt schon in vielen Bereichen, wichtig ist schlussendlich, dass die Wege für den Bürger nicht zu lang sind und die Qualität der Erledigungen stimmt. 

Was macht den Bezirk Schärding für Sie aus?
Den schönen Bezirk Schärding sehe ich aufgrund seiner Entwicklung im sozialen und kulturellen Bereich als lebenswerten Bezirk und wegen seiner geografischen Lage als Tor zu Bayern. 

Apropos Tor zu Bayern – welche Vorteile und Nachteile bringt die exponierte Lage Schärdings direkt an der deutschen Grenze?
Betriebsansiedelungen außerhalb der großen Verkehrsanbindungen sind zweifellos schwieriger, weshalb weitere Schwerpunkte wie Landwirtschaft und Tourismus von wesentlicher Bedeutung sind. Die periphere Lage bringt auch viele Vorteile, die Zusammenarbeit mit Bayern gibt es in vielen Bereichen und funktioniert meistens sehr gut. Der Inn als Staatsgrenze ist kaum spürbar, so gesehen ist Schärding auch Brücke und Verbindung im Zentrum Europas.

Der Bezirk ist ein Aushängeschild in Sachen Freiwilligkeit – sei es beim SHV, dem RK oder der Feuerwehr. Worin liegt der Wert dieses ehrenamtlichen Engagements?
Für den finanzschwachen Bezirk sind diese unbezahlten und in der Tat unbezahlbaren Leistungen für die Allgemeinheit von wesentlicher Bedeutung. Sie garantieren den Menschen ein Leben auf einem sehr hohen sozialen Standard.

Nirgendwo sonst arbeitet der SHV so gut mit dem Roten Kreuz zusammen – woran liegt’s? 
Der Sozialhilfeverband Schärding als Träger der sozialen Leistungen im Bezirk arbeitet seit Jahren insbesondere bei den Mobilen Pflegediensten eng mit dem Roten Kreuz zusammen. Dabei hat sich eine einmalige Freiwilligenkultur entwickelt, die sich durch ein besonderes Engagement beim Rettungsdienst und bei den Sozialen Diensten auszeichnet.

Und was sind „Vorzeigeprojekte“ dieser Zusammenarbeit? 
Gerade beim Projekt Essen auf Rädern mit 590 Ehrenamtlichen des Roten Kreuzes und 142.000 zugestellten Essensportionen aus unseren 4 Pflegeheimen ist das der Fall. Aber auch andere innovative Projekte, wie das Wohnmodell Vitales Wohnen in St. Marienkirchen, wären ohne diese Zusammenarbeit nicht möglich.

Was sind die Themen, die der Bezirk in naher Zukunft dringend angehen sollte?
Die Themen der Zukunft sind zweifellos die Antworten auf die demografische Entwicklung in unseren Breiten und weltweit gesehen verbindliche Maßnahmen zu Klima und Erderwärmung sowie eine bessere Unterstützung und nicht die Ausbeutung von Ländern der Dritten Welt. Was wir im Bezirk anzugehen haben, sind Maßnahmen zur Sicherung der Pflege im Alter, zeitgemäße Angebote dazu und die Sicherung von Fachkräften, sowohl für die Wirtschaft als auch im Gesundheits- und Sozialbereich. Dabei darf es keine Denkgrenzen geben.

Wenn Sie auf Ihre 15 Jahre als Bezirkshauptmann zurückdenken – was waren die größten Herausforderungen, Freuden? Und was möchten sie auf keinen Fall ein zweites Mal erleben?
Insgesamt blicke ich mit großer Freude auf die Entwicklung des Bezirkes in den letzten 15 Jahren zurück. Die ganz großen Herausforderungen waren gewiss die Hochwasserereignisse 2013 und die Flüchtlingssituation 2015. Diese Erfahrungen möchte ich kein zweites Mal machen müssen.

Genau bei solchen Einsätzen ist die BH als Sicherheitsbehörde gefordert – wie steht’s eigentlich um die Sicherheit bei uns im Bezirk Schärding?
Die die Hochwasserereignisse 2013 und die Flüchtlingssituation 2015 haben die Einsatzkräfte und die Sicherheitsbehörden sehr gefordert. Wir haben festgestellt, dass das Zusammenspiel zwischen BH als Sicherheitsbehörde und den Blaulichtorganisationen Polizei, Feuerwehr und Rotem Kreuz, das ja auch immer wieder geübt wird, im Ernstfall funktioniert. Das ist für die Menschen von eminenter Bedeutung und trägt dazu bei, dass wir in einem der sichersten Bezirke in einem der sichersten Länder leben können.

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Foto: amixstudio/stock.adobe.com
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