"Gemeinsam lebt jeder besser"
Maria Pleschberger, 103 Jahre alt, kann sich noch gut an ihre Kindheit in Rennweg erinnern.
RENNWEG (ven). Die WOCHE widmet sich in der Serie "100 Jahre Republik" unserer abwechslungsreichen Geschichte der Region. Dazu haben wir uns auch mit der 103-jährigen Maria Pleschberger, geborene Brugger, aus Rennweg unterhalten, die sich noch gut an ihre Kindheit erinnern kann.
Blind stricken
Handarbeiten, Singen und viel Bewegung sind ihre Geheimrezepte, warum sie noch immer agil und - besonders wichtig - geistig so fit ist. "Jetzt sieht sie nicht mehr so gut, aber stricken geht durch das Abzählen der Maschen mit den Fingern immer noch", so ihre Tochter Maria.
Vater nicht erkannt
Aufgewachsen ist die Seniorin am Frankenberg bei Rennweg mit zwei Brüdern und einer Schwester. "Unser Vater war im ersten Weltkrieg, wir haben ihn nie gesehen. Plötzlich erschrak unsere Mutter, da er bei seiner Rückkehr zum Fenster hereingesehen hat, während wir um den Tisch herum saßen und den Rosenkranz gebetet haben", erinnert sich die Rennwegerin. Gefürchtet habe sie sich, allein schon wegen der Uniform. "Er war dreckig, abgemagert. Wir gingen nicht zu ihm hin, da uns eingetrichtert wurde, dass wir nicht mit Fremden mitgehen", sagt sie. Vier Jahre sei er im Schützengraben gesessen, in der Hoffnung, doch einmal verwundet zu werden, damit er Heimaturlaub bekomme.
Lustig und unbeschwert
Ihre Kindheit beschreibt Pleschberger als "lustig und unbeschwert". "Mei was hatten wir für eine Gaude.. wir sind im Winter mit dem Schlitten vom Berg herunter in die Schule gefahren." Dabei wurde kräftig gesunden, Radio und Fernsehen gab es ja nicht. Auch eine Anekdote aus ihrer Schulzeit kann sie noch erzählen: "Wir haben gesagt, wir brauchen keine Erdkunde, denn wir heiraten eh hier", lacht sie.
Bauern hatten Nahrung
Von der Hungersnot, die überall herrschte, bekam sie nicht viel mit. "Wir waren ja Bauern, hatten Speck, Butter und auch schwarz Schnaps gebrannt. Es kamen aber immer wieder viele Arbeitslose vorbei, die dann verköstigt wurden." An ein Erlebnis aus dem Krieg kann sie sich noch erinnern: "Ich war mit meiner Cousine auf der Alm bei den Schafen. Plötzlich hörten wir etwas..wie Musik vom Himmel. Sie meinte, es sei das 'Jüngste Gericht' und wir haben uns versteckt. Dann kam der Nachbarsjunge und fragte, ob wir denn die Flugzeuge am Himmel gesehen hätten. Das war uns dann richtig peinlich", lacht sie.
16 Enkel, sieben Urenkel
Auch das Tanzen war eine ihrer Leidenschaften. Mit 25 hat sie ihren künftigen Mann dann am Tanzboden am Markt kennengelernt. Nach der Schule wollte sie noch etwas lernen, besuchte Nähkurse und lernte in Gmünd und in Spittal im Gasthof Krone Köchin. Am 2. Jänner 1940 - "Ein Montag, denn Sonntags gab es keine Hochzeiten" - wurde geheiratet, es folgten sieben Kinder, 16 Enkel und mittlerweile sieben Urenkel.
"Nach den ersten vier Kindern bekam ich einen Gebärmuttervorfall und im Krankenhaus in Seeboden wurde ich mit Typhus angesteckt. Mein Mann sagte, wenn ich wieder gesund werde, wird er beim Haus eine Kapelle dazu bauen. Das hat er dann auch gemacht, dann kamen noch drei Kinder", erinnert sie sich. Alle singen gerne, ihr Mann war im Chor, auch heute noch singt Pleschberger die zweite Stimme.
Gemeinschaft ist wichtig
Gläubig ist Pleschberger heute noch, jeden Morgen betet sie für alle ihre Lieben den Rosenkranz. "Die Gemeinschaft und der Friede in der Familie ist wichtig, wir müssen zusammenhalten." Zur "guten alten Zeit" sagt sie: "Früher gab es schöne und schlechte Dinge, genauso wie heute auch. Jeder braucht den anderen, und wir haben so viel. Gemeinsam lebt jeder besser."
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