Arbeiterkammer-Bilanz: Pensionsansprüche & Pflegegeld zurückgekämpft

Foto: Panthermedia.net/AndreyPopov

STEYR. Die Rechtsexperten der Arbeiterkammer führten im vergangenen Jahr fast 305.000 Beratungen durch und erkämpften fast 70 Millionen Euro für die AK-Mitglieder.

Auffällig sei, dass die Arbeitnehmer seit einigen Jahren eher bereit sind, sich im aufrechten Arbeitsverhältnis Rechtsverstöße gefallen zu lassen. Auch jene, die zur AK in die Beratung kommen, agieren oft ängstlich und zögerlich, wenn es darum geht, ihre Rechte durchzusetzen: Sie wollen zwar genau wissen, was ihnen zusteht und vorenthalten wurde, lassen sich aber nicht immer helfen und verzichten oftmals aus Angst um den Arbeitsplatz auf die rechtliche Unterstützung durch die AK.

Arbeiter ausgebeutet: 10.000 Euro Nachzahlung

Ein 25-jähriger gebürtiger Bosnier arbeitete als Hilfsarbeiter bei einer kleinen Baufirma in Steyr. Er musste viele Überstunden machen, Geld erhielt er dafür keines. Auch Lohnzahlungen erfolgten nur sporadisch, Urlaub hatte der Arbeiter keinen einzigen Tag. Außerdem musste er oft bei der Sanierung des privaten Wohnhauses seines Chefs mithelfen, ebenfalls ohne Bezahlung. Eines Tages teilte der Unternehmer seinem Arbeiter mit, dass er gekündigt sei. Arbeitspapiere oder Beendigungsansprüche wie Sonderzahlungen oder Urlaubsersatzleistung bekam der Mann nicht, es gab auch keinerlei Lohnnachzahlungen oder Zahlungen offener Überstunden. Der Mann ging zur AK Steyr. Dort begann ein hartnäckiger Rechtsstreit.  Der Arbeitgeber weigerte sich, zu zahlen und behauptete sogar noch, der Arbeiter hätte auf seine Kosten gelebt und die Firma ruiniert. Die AK brachte Klage beim Arbeitsgericht Steyr ein, der auch stattgegeben wurde. Der Unternehmer zahlte aber immer noch nicht. Auch ein Exekutionsantrag brachte keinen Erfolg. Es war letztlich der Insolvenzfonds, der die offenen Ansprüche übernahm: Der Arbeiter bekam 10.000 Euro Nachzahlung.

Pflegegeld für 76-jährige Frau erkämpft

Eine schwer kranke Frau wandte sich an die Arbeiterkammer Steyr, weil die Pensionsversicherungsanstalt ihren Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes von Stufe I auf II abgelehnt hatte.  Die 76-Jährige hatte ein schweres und sehr schmerzvolles Rückenleiden, weil ihre Wirbel teilweise verschraubt waren. Sie musste aufgrund der ständigen Schmerzen ständig starke Medikamente nehmen, was sich auch auf ihre geistige Verfassung auswirkte. Zusätzlich litt sie noch an Inkontinenz und einer Herzkrankheit. Sie war sehr pflegebedürftig: Ohne Rollator konnte sie sich nicht fortbewegen, auch beim Toilettengang brauchte sie Hilfe. Die AK brachte Klage beim Sozialgericht Steyr ein. In der Klageschrift zählte sie insgesamt 29 körperliche Leiden der Frau auf. Der dadurch errechnete Pflegebedarf überschritt sogar die Pflegestufe II. Es folgte eine Gerichtsverhandlung, bei der ein Vergleich geschlossen wurde: Der Frau wurde Pflegestufe II zuerkannt – sie erhielt das erhöhte Pflegegeld rückwirkend ab Antragstellung. So war sie in der Lage, die Aufwendungen für ihre Pflege einigermaßen abzudecken.

Im vergangenen Jahr wandten sich 6.188 AK-Mitglieder mit arbeits- und sozialrechtlichen Fragen an die AK Steyr. Vor allem die telefonische Rechtsberatung hat sich bewährt: Dem Großteil der 3.857 Anrufer wurde sofort geholfen. Zu einem persönlichen Beratungsgespräch sind im Vorjahr 2.326 Arbeitnehmer in die Bezirksstelle gekommen. Einige Anfragen kamen auch per Mail oder Brief. Zusätzlich haben die Bildungsexperten der AK Oberösterreich in der Bezirksstelle Steyr 132 persönliche Bildungsberatungen
durchgeführt.

Mehr hilfesuchenden Frauen als Männer

Die AK Steyr hat derzeit 39.487 Mitglieder in 6.472 Betrieben. 83 Prozent der
Ratsuchenden sind auch in der Region wohnhaft. Das Team in Steyr vertrat aber
auch Personen aus anderen Bezirken, weil ihr Arbeitgeber Steyr oder Steyr-Land
angesiedelt ist: Viele Ratsuchende kamen etwa auch aus den Bezirken Amstetten,
Linz-Land oder Kirchdorf. Die Menschen, die sich an die AK Steyr wandten,
gehören allen Altersgruppen an. Es suchten mehr Frauen als Männer die Hilfe
der AK.
Am meisten beschäftigt war die AK Steyr mit Problemen bei Lohn, Gehalt, Überstundenauszahlungen und Endabrechnungen, gefolgt von Fragen zur Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension und Fragen zu Mutterschutz, Karenz und Elternteilzeit. Sehr viele Beratungen wurden auch zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, zur Arbeitgeberkündigung und zu Arbeitslosengeld und Notstandshilfe abgehalten. Die erstrittenen Beträge fielen in sehr unterschiedlicher Höhe aus. Der kleinste machte 20 Euro aus, der höchste Betrag 11.500 Euro. Geld, das den Arbeitnehmern zugestanden
wäre, das sie aber erst mit Hilfe der AK Steyr bekommen haben.

Wenn das Unternehmen Pleite geht

In der Region Steyr sind im Vorjahr 23 Unternehmen in die Insolvenz geschlittert. Die größte betraf die Firma Baumeister Stockinger in Gaflenz mit 47 Beschäftigten, gefolgt von der Firma Schaumberger Bau GmbH in Steyr mit 39 Beschäftigten. Insgesamt waren 2017 287 Arbeitnehmer aus den Bezirken Steyr und Steyr-Land von der Insolvenz
ihres Arbeitgebers betroffen. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Jahr
zuvor. Für sie erkämpfte die AK Steyr 1,855.442 Euro.

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