Hartes Los im Jahr des Kriegsendes

<f>Das Blochziehen</f> war unter anderem in Kapfenstein ein Riesenspektakel, das sich die Bevölkerung nicht entgehen ließ. | Foto: Archiv Schleich
2Bilder
  • <f>Das Blochziehen</f> war unter anderem in Kapfenstein ein Riesenspektakel, das sich die Bevölkerung nicht entgehen ließ.
  • Foto: Archiv Schleich
  • hochgeladen von Markus Kopcsandi

Im Rahmen unserer sechsteiligen Serie "100 Jahre Republik" setzen wir uns im aktuellen Jubiläumsjahr mit Zeitgeschichte im regionalen Kontext auseinander.
Zu Beginn blicken wir ins Jahr 1918 zurück. Was passierte damals im Bezirk? Wir haben zwei Experten gefragt: den Historiker Johann Köhldorfer vom Historischen Verein für das Kirchberger Ländchen und den Volkskundeexperten Johann Schleich.
Das Jahr 1918 war auch in der Region vom Ersten Weltkrieg geprägt. Wie Johann Köhldorfer erzählt, waren Not und Hunger angesagt. Das Wenige, das vorhanden war, musste zumeist an das Militär abgegeben werden. Dazu kam, dass die Preise für die täglichen Gebrauchsartikel deutlich angestiegen sind. Das Nötigste bekam man mit Lebensmittelkarten. So behalf sich mancher Bürger mit Schmuggelware aus Ungarn. Betroffen von den Zwangsabgaben war auch die Kirche. So musste man z.B. in Kirchberg gegen Kriegsende die Zinnpfeifen der Orgel opfern.
Politisch, die Region war zunächst generell noch christlich-konservativ dominiert, wuchs nach Kriegsende die Faszination für das Nationalistische. Eine Anekdote dazu: Kirchbergs damaliger Wirt bat 1918 den späteren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg in einem Brief, ob das Stüberl dessen Namen tragen dürfe. Hindenburg erlaubte dies in einem Retourschreiben. Das Schreiben ist noch heute in der Kirchberger Kaffeestub'n, im Hindenburg-Stüberl, zu sehen.

Enttäuschte Heimkehrer

Groß war der Frust angesichts der vorherrschenden Armut und der mangelnden Perspektive bei den Kriegsheimkehrern. So schoss man beispielsweise aus Frust bzw. Jux und Tollerei auf den Kirchberger Kirchturm. Abseits dessen wurde es in der Region rund um Feldbach bald ruhig, während in der Region rund um Bad Radkersburg Kampfhandlungen rund um das Abstecken der Grenze zum Königreich Jugoslawien stattgefunden haben.

Brauchtum als Anker

Das Brauchtum wurde vor 100 Jahren mit Bedacht, aber natürlich mit wenigen Mitteln zelebriert, wie Johann Schleich weiß. So feierte man z.B. das Weihnachtsfest sehr sparsam. Streng geachtet wurde aufs Äußere des Adventkranzes. Dieser war grün, hatte violette Bänder sowie drei weiße bzw. eine rote oder rosa Kerze für den dritten Adventsonntag. Auf dem Baum hingen zumeist Nüsse und Äpfel und eingewickelter Würfelzucker für die Kinder.
Eine wichtige Rolle in der Faschingszeit spielte vielerorts das Blochziehen – das Bloch wurde aus einem Wald gestohlen, wobei Auseinandersetzungen mit den Waldbesitzern nicht ausgeblieben sind.
Ein weiterer Brauch war früher laut Schleich die Totenwache. Die Nacht im Nebenraum zum Verstorbenen hat man sich oft mit ausgelassenen Bauernspielen vertrieben. Die Freizeit vertrieben sich die Männer, falls Geld da war, gerne im Wirtshaus, wobei Bauer und Knecht an verschiedenen Tischen gesessen sind. Regelmäßig ausgeübt wurde auch das Wallfahrten.
Kleidungstechnisch gab es früher das schöne "Suntigwand" und das Arbeitsgewand für die restlichen Wochentage. Üblich war die Schürze, auch als "Firta" bekannt.

Mehr zum Thema finden Sie hier...

&lt;f&gt;Das Blochziehen&lt;/f&gt; war unter anderem in Kapfenstein ein Riesenspektakel, das sich die Bevölkerung nicht entgehen ließ. | Foto: Archiv Schleich
Köhldorfer mit dem Schreiben von Hindenburg.
Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Die Riegersburg thront auf einem Vulkanfelsen und wacht über die Region mit Strahlkraft weit über alle Grenzen hinaus. | Foto: Vulkanland/Bergmann
7

Leben in Riegersburg
Die Tourismusgemeinde mit noch mehr Strahlkraft

Riegersburg hat sich selbst touristisch noch weiter aufgewertet. Mit dem gerade erst neu eröffneten Camping-Resort gegenüber dem Seebad dürften jährlich mehr als 35.000 Nächtigungen unter der Burg dazukommen. RIEGERSBURG. Die Erlebnisregion Thermen- und Vulkanland ist um ein touristisches Highlight reicher. Das steirische Familienunternehmen Gebetsroither und die Familie Liechtenstein haben das Camping-Resort Riegersburg gegenüber dem Seebad feierlich eröffnet. 35.000 bis 40.000 Nächtigungen,...

  • Stmk
  • Südoststeiermark
  • Heimo Potzinger

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.