Wilde Ecken: Kritik "wächst"
Fehde zwischen Gemeinde und Bürger wegen Schandfleck, der zugleich Schmuckstück für Natur ist.
BEZIRK TULLN. Schandfleck oder Schmuckstück? Immer wieder flattern Briefe und Mails von Bezirksblatt-Lesern in die Tullner Redaktion. Der Inhalt? Fotos von offenbar verwilderten Flächen im Gemeindegebiet. Kein Wunder, das sieht "nicht ästhetisch aus. Daran müssen sich die Menschen erst gewöhnen", so Fiona Kiss von Natur im Garten.
So ein Fleckerl befand sich auch in einer kleinen Katastrale von Sieghartskirchen, das von Melitta Linzberger aufgenommen wurde. "In Wagendorf neben der Kapelle: Das Unkraut und die Brennnessel sind meterhoch. Die Pflege des Grundstückes obliegt seit vergangenem Jahr der Marktgemeinde Sieghartskirchen", informiert sie.
Genaue Aufteilung unklar
Umgehend haben wir mit der Gemeinde Kontakt aufgenommen. Aus dem Rathaus heißt es, dass es im Vorfeld "mehrere Rechtsstreitigkeiten bezüglich des Grundstückes gegeben hat, diese mittels Gerichtsbeschluss abgeschlossen wurden, jedoch auf die genaue Aufteilung der Entfernungsmaßnahmen im Urteil nicht näher eingegangen wurde". Die Marktgemeinde hat sich daher mit dem Anrainer geeinigt, dass im Zuge von Bauarbeiten auf der Nachbarliegenschaft gleich die strittigen Einfriedungen entfernt werden sollen. Danach solle die Fläche begrünt und von der Gemeinde gepflegt werden. Die Baggerarbeiten wurden im Frühjahr auch durchgeführt, jedoch wurde die Humusierung noch nicht abgeschlossen, da noch Nutzungsverhältnisse geklärt werden mussten. Fakt ist jedoch, dass die Fläche nun gemäht wurde.
Einfach kennzeichnen
So weit. So gut. Zurückzukommen auf die Brennnessel und die "Pflegepflicht der Gemeinden" soll jedoch festgehalten werden, dass Natur im Garten sogenannte "Wilde Ecken" auch in den Gemeinden begrüßt, da diese für Wildtiere (wie Raupen oder Vögel) wichtig sind und sogar als Nahrungsmittel interessant sein können. "Der ästhetische Wert von Brennnessel und Melde ist für die meisten Menschen sicherlich nicht so hoch wie der von Stauden. Deshalb empfehlen wir innerorts eher bunte Wildblumen auszusäen und freuen uns über Brennnesseln und ähnliches in den Außenbereichen oder im Hintergrund, wo sie niemanden stören", so Kiss. Was jedoch unumgänglich ist? "Ich würde eine entsprechende Beschilderung für die Bürger empfehlen", so die Natur im Garten-Expertin.
Zur Sache:
Wildkräuter bereichern die Vielfalt im Garten, wachsen oft auch auf schwierigen Standorten, bedecken schützend den Boden und bieten Nahrung oder Unterschlupf für viele Tiere. Im Naturgarten ist ein wenig Wildwuchs deshalb erwünscht.
Eine denkbar einfache Möglichkeit um für die heimische Pflanzen- und Tierwelt einen Ort des Rückzuges und der Entfaltung zu schaffen ist ein „Wildes Eck“. Es wird nicht gemäht, sondern nur im Frühjahr abgeräumt.
Wildpflanzen dürfen sich so getrost ausbreiten. Totholz, Strauchschnitt, Laub oder Steine können hier zu Haufen aufgeschichtet werden und erhöhen die Vielfalt zusätzlich.
Eine besonders erwähnenswerte Pflanze für wilde Ecken ist die Brennnessel. Sie wirkt wie ein Magnet auf etliche Schmetterlinge, denn für fast fünfzig Arten stellt sie eine wichtige Futterpflanze dar. Die Raupen von Landkärtchen, Kleiner Fuchs, Admiral und
Tagpfauenauge ernähren sich ausschließlich von Brennnesselblättern.
aus unserer Broschüre: Biologische Vielfalt
Förderung von Schmetterlingen ist durch die richtige Auswahl von Futterpflanzen für Raupen und Adulte möglich. Den Schmetterlingsfächer der „Natur im Garten“ GmbH gibt es im Shop von „Natur im Garten“ zu kaufen. Hier sind über 20 Arten aufgelistet (Raupe und Adulte) inkl. der wichtigen Futterpflanzen aufgelistet.
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