Nachruf - Siedler Fredl, ein Stück Voitsberg, hat uns verlassen

27Bilder

Siedler Fredl wurde am 2. Dezember 1928 in Voitsberg geboren. Er wuchs nach der Trennung seiner Eltern im Jahre 1934 gemeinsam mit seinem bereits verstorbenen Bruder Josef bei seinem Vater im östlichen Voitsberger Stadtteil auf.
Bereits in frühester Kindheit erlebte er den Umgang des am Wohnort befindlichen Bergbaues „Josefschacht“ und deren Bewohner kennen.
Während der Absolvierung der bergmännischen Werksschule und der Elektrikerlehre wurde er von den Kriegsereignissen des Zweiten Weltkrieges eingeholt. Er wurde zur Fliegerabwehr an der Westfront eingezogen und dort später auch von den Amerikanern in Belgien als 17-jähriger gefangen genommen.

Im Jahre 1946 kehrte Siedler nach Voitsberg zurück und setzte im „Karlschacht“ seine bergmännische Tätigkeit fort und schloss die Elektrikerlehre erfolgreich ab. Nach Fortbildungen an der BULME und Ablegung einer Zulassungsprüfung wurde er im Kohlebergbau Zangtal als Elektrosteiger und in weiterer Folge als Reviersteiger eingesetzt. Er war noch einer der wenigen Zeitzeugen, die über das Bergbaugeschehen im Voitsberg-Köflacher Revier berichten konnten, war er doch Jahrzehnte damit verbunden.
Aus heutiger Sicht unvorstellbar waren seinerzeit die Leistungen der Bergleute. Doppelschichten (16 Stunden) und Sonn- und Feiertagsschichten (Weihnachten, Neujahr, Ostern) mussten geleistet werden, um die Sicherstellung nach Kohle als Heizmaterial für Wien, Graz und der Weststeiermark zu gewährleisten. Zu dieser Zeit gab es noch die 48-Stunden-Woche und einen Urlaubsanspruch von nur 12 Tagen, für heute unvorstellbar.
Der Zusammenhalt der Bergleute in Zangtal wurde bei den Aufmärschen, an denen der Jubilar immer teilnahm, am Barbaratag Anfang Dezember jeden Jahres mit dem Dankgottesdienst in der St.Josefskirche unter Vorausschritt der Bergkapelle „Hödlgrube-Zangtal“ dokumentiert.

Traurig erinnerte sich Fredl an Ereignisse zurück, bei denen „Kumpel“ ihr Leben lassen mussten, wie zum Beispiel im März 1970, wo drei seiner Arbeitskollegen tödlich verunglückten.
Im Jahre 1951 verehelichte sich Siedler mit Gattin Josefa. Im selben Jahr wurde Tochter Brigitte geboren. Die Familie wurde fünf Jahre später durch die Geburt der kürzlich unerwartet verstorbenen Tochter Gerlinde komplettiert.
Unter persönlichem Einsatz errichtete er zusammen mit seiner Familie unter schwierigsten Bedingungen am Voitsberger Schlossberg ein schmuckes Eigenheim. Er radelte zum Beispiel die für den Neubau benötigte Schlacke mit der Schiebetruhe von Zangtal auf den Schlossberg.
Im Jahre 1982 legte Fredl sein Gezähe und sein Berglicht in jüngere Hände und begab sich in den wohlverdienten Ruhestand.
Wie sozial er immer eingestellt war zeigt die Tatsache, dass er über 30 Jahre Mitglied der Freiwilligen Stadtfeuerwehr Voitsberg war, sehr viele Einsätze und Tätigkeiten in seiner knappen Freizeit unter größtem körperlichen Einsatz leistete und von 1967 bis 1974 sogar das Amt des Wehrkommandanten-Stellvertreters innehatte. Im Bezirksfeuerwehrverband Voitsberg war Siedler der Pionier für das Funkwesen als Bezirksfunkwart und baute dieses auch auf. Danach war er noch fixer Bestandteil des Voitsberger Feuerwehrballes, bei welchem er bis zum Letzten im Jahre 1997 die Polonaise in gekonnter Manier anführte.
Auch im hohen Alter genoss der Jubilar noch die Vorzüge unserer Landschaft und Kulturen. Aufenthalte in Thermen, kleine Wanderungen auf den Bergen, Teilnahmen an Ausflügen, Besuche von Buschenschenken und noch andere Aktivitäten rundeten sein aktives Dasein ab.
Ein fester Bestandteil seines abwechslungsreichen Lebens waren die beinahe täglichen Besuche seiner Stammtische. Zweimal wöchentlich traf er sich mit Spiel- und Sangesfreunden beim Schloss Greißenegg und ließ mit seinem Humor und seiner Sangeslust Herzen höherschlagen. Im Gasthaus Vadlau am Voitsberger Hauptplatz war er fast täglich anzutreffen. Er fungierte hier als „Präsident“ des Stammtisches und gab den Jüngeren seine Lebenserfahrungen und sein Wissen weiter. Des Weiteren war er als Schiedsrichter beim Kartenspiel „Watten“ zwischen den beiden Walter ein gestrenger, aber fairer Spielführer.
Ein besonders schwerer Schicksalsschlag traf ihn und die Familie im Oktober 2013, als sie die Nachricht erhielten, dass die geliebte Tochter Gerlinde aus dem überaus erfolgreichen Familien- und Arbeitsleben in Salzburg viel zu früh und unerwartet verstorben ist.
Gattin Josefa erkrankte danach schwer und musste von Pflegehelfern ganztätig gepflegt werden. Somit wurden auch die Kreise von Fredl kleiner aber er verlor nie den Kontakt zu seinen Freunden. Er besuchte weiter den mittlerweile aufgrund der Betriebsschließung vom Gasthaus Vadlau neuen Stammtischlokalen Gasthaus Merta und Cafe Smile.
Jedoch hat ein Schicksal seine Familie und insbesonders ihm am 15. Jänner 2018 getroffen, als seine Gattin Josefa, mit welcher er 67 Jahre verheiratet war, nach langer, schwerer Krankheit verstarb.
Trotz dieser schweren Zeit meisterte er sein Leben in seinem trauten Heim mit seinen Pflegehelfern, welche ihn bis zum Schluss umsorgten und den Haushalt führten, und nahm auch noch am Leben aktiv teil, indem er täglich in die Stadt fuhr und sehr oft den Stammtisch besuchte.
Bürgermeister Ernst Meixner bezeichnete ihn einmal, welcher immer seiner Heimatstadt Voitsberg die Treue hielt, als „ein Stück Voitsberg“, was nur dick unterstrichen werden kann.
Den Hinterbliebenen sei dies ein kleiner Trost, aber mit dem Gedanken sind Freunde Bekannte bei ihnen.
Am Freitag, dem 25. Mai 2018 nahmen die Familienangehörigen, ehemalige Arbeitskollegen, Feuerwehrkameraden und eine große Anzahl an Freunden und Bekannten in der Zeremonienhalle des Stadtfriedhofes Voitsberg Abschied. Kaplan Adrian Aileni leitete die Begräbnisfeierlichkeiten und Horst Sturmer hielt eine rührende Trauerrede.
Fredl lebe wohl und ein letztes „Glück Auf“.
Walter Ninaus

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.