So krank ist das Waldviertel
Höchster Anteil an Bluthochdruck, häufige Depressionen, weniger Arztbesuche: Die Waldviertler leiden an mehr Krankheiten als alle anderen Niederösterreicher.
WALDVIERTEL. Die Bewohner der Bezirke Gmünd, Waidhofen, Zwettl und Horn sind nicht nur die nördlichsten Österreichs, sie sind auch deutlich kränker als ihre Mitbürger im Rest Niederösterreichs, wie aus dem niederösterreichischen Gesundheitsbericht hervorgeht.
Der Ökonom Josef Baum aus Gastern hat die Zahlen für das Viertel analysiert und kommt zu dem erschreckenden Befund: den Waldviertlern geht es gesundheitlich schlechter als den Bewohnern in anderen Vierteln. So geben 69 Prozent der Waldviertler an bei "guter" oder "sehr guter" Gesundheit zu sein - in anderen Regionen bewegt sich dieser Wert zwischen 75 und 80 Prozent. Ebenfalls Schlusslicht ist das Waldviertel bei der subjektiven Bewertung der Lebensqualität (70 Punkte) im Vergleich zu 74 bis 75 Punkten in anderen Regionen.
Dazu kommt, dass im Waldviertel, so Baum, rund 41 Prozent der Menschen von gesundheitlichen Alltagseinschränkungen betroffen sind - deutlich mehr als in der Thermenregion (30 Prozent), dem Mostviertel (31 Prozent), dem Weinviertel (33 Prozent) oder NÖ-Mitte (38 Prozent). Außerdem sind die Waldviertler deutlich häufiger von Bluthochdruck betroffen (33 Prozent) und haben den höchsten Anteil an Depressionen (10 Prozent).
Doch woran liegt das? "Berechtigterweise könnte man jetzt die höhere Altersstruktur einwenden. Aber selbst wenn wir davon ausgehen, dass sämtliche über 60-jährige gesundheitliche Einschränkungen haben, würde das diese Abweichungen noch immer nicht erklären", so Baum. "Aber natürlich heißt älter als 60 nicht automatisch krank".
Genug Ärzte, aber die Waldviertler gehen nicht hin
Was bei der Analyse der Daten noch auffällt: die Waldviertler sind offensichtlich Arztmuffel. In der Region gibt es die höchste Dichte an Fachärzten - aber die Waldviertler nehmen sie weniger häufig in Anspruch, als die Bewohner in anderen Vierteln. Kurz: Ärzte gäbe es genug, nur die Waldviertler gehen nicht hin. "Hier scheinen die Strukturen nicht optimal zu sein", so Baum. Das schlägt sich auch in der Lebenserwartung nieder, die im Waldviertel etwas geringer ist, als im Durchschnitt.
"Eine Erklärung für die insgesamt für das Waldviertel ungünstigen Befunde ist, dass in der Sozialstruktur des Waldviertels ,höhere Schichten‘ geringer vertreten sind, und untere Einkommensgruppen in der Regel im Durchschnitt einerseits stärker belastet sind, andererseits auch weniger Zeit und weniger Mittel für ihre Gesundheit haben bzw. sich die notwendige Zeit nicht nehmen", so Baum.
Aber es gibt auch Positives: die vorzeitige Sterblichkeit von Frauen ist bei den Waldviertlern am geringsten, sie sind weniger Passivrauch ausgesetzt und auch beim Alkoholkonsum sind die Waldviertler Schlusslichter gegenüber ihren Landesgenossen.
Dennoch sieht Baum dringenden Handlungsbedarf: "Es ist jedenfalls ein deutlicher Handlungsbedarf zur Verbesserung der Gesundheitssituation im Waldviertel im Vergleich zu anderen Regionen gegeben. Die Ursachen sind umgehend zu analysieren und Maßnahmen zu setzen."
Mehr zum Thema finden Sie hier.
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.