Das bleibt von Erwin Pröll im Bezirk Waidhofen
In der Vorwoche hat Erwin Pröll seinen Rücktritt angekündigt. Wegbegleiter und Gegner analysieren was im Bezirk Waidhofen vom Landeshauptmann bleibt.
BEZIRK. Er ist der längstdienende Landeshauptmann Österreichs, 25 Jahre prägte seine Handschrift die Bundespolitik, das Land und auch den Bezirk Waidhofen. Zahlreiche Projekte und Geschichten sind auch in unserer Region mit dem Namen Erwin Pröll verbunden. Die Bezirksblätter haben Wegbegleiter, Gegner und Projekte gefunden, die ein Bild der Ära Pröll zeichnen. Mit Licht und Schatten.
Pröll der Helfer
In Raabs wird der Langzeit-Landeshauptmann wohl auch über seinen Rückzug hinaus verehrt werden. Ende Juni 2006, als eine Hochwasserkatastrophe über Nacht die Stadt verwüstete, war Pröll nur wenige Stunden später vor Ort - und sagte den Raabsern finanzielle Hilfe zu, die auch prompt kam. Am Hochwasserschutz neben und in der Thaya wird aktuell gearbeitet und soll die Raabser in Zukunft vor einem hundertjährigen Hochwasser schützen - nicht zuletzt ein Verdienst des Landeshauptmanns. "Das rechne ich ihm bis heute hoch an, dass er damals vor Ort war", so Bürgermeister Rudolf Mayer. "Es war für die Betroffenen enorm wichtig, dass Pröll da war und signalisiert hat, dass sie nicht alleine sind".
Pröll der Völkerverständiger
Aber das ist nicht die einzige Spur des Radlbrunners in Raabs. Für die Landesausstellung 2009 wurde die "Perle des Thayatals" mit Landesmitteln aufpoliert. Bausünden und Schandflecke wie ein alter Hühnerschlachthof verschwanden, der verfallene Lindenhof wurde zu einem modernen Veranstaltungszentrum umgebaut und öffentliche Gebäude erhielten eine Verjüngungskur. Die Landesausstellung mit ihren insgesamt 400.000 Besuchern brachte den Raabsern darüber hinaus einen Tourismus-Schub von dem die Stadt bis heute profitiert, erklärt der Stadtchef.
Zum Vergleich: vor der Landesausstellung gab es in Raabs jährlich etwa 20.000 Nächtigungen. Seit 2009 liegen die Zahlen konstant um die 30.000. "Die Entscheidung des Landeshauptmannes die erste grenzüberschreitende Landesausstellung auch in Raabs abzuhalten, war ein ungemeiner Impuls für die ganze Region", so Mayer, der übrigens ein Studienkollege der designierten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner war. "Persönlich hatte ich mit dem Landeshauptmann immer ein korrektes und offenes Verhältnis. Ich schätze ihn als jemanden, der seine Entscheidungen auch durchzieht", so Mayer.
Pröll der Straßenbauer
Auch wenn die Infrastruktur im Bezirk noch viel Aufmerksamkeit braucht, wurde durch Pröll der Grundstein für ein leistungsfähiges Straßennetz gelegt. Von der Umfahrung Zwettl profitiert auch der Bezirk Waidhofen - schließlich ist ein Ausbau bis Vitis geplant. Als hunderte ausländischer Lkw im Großraum Vitis die Straßen blockierten und Anrainer über Lärm und Schmutz klagten, schritt Pröll im Jahr 2011 persönlich ein und verhängte ein Fahrverbot für Fern-Lkw und stoppte damit auch die Mautflucht osteuropäischer Frächter. Bürgermeisterin Anette Töpfl kennt Pröll seit 1991 als sie Leiterin der Jungen ÖVP wurde - damals kandidierte Pröll erstmals als Landeshauptmann. "Ich schätzte schon damals seine Leistungen für die Jugend - da hatte er immer ein offenes Ohr." Ähnliches kommt auch von Eduard Köck, der in seiner Funktion wohl am intensivsten mit dem baldigen Ex-Landeshauptmann zusammenarbeitete. "Pröll war immer sehr korrekt, freundlich, zielstrebig, bestimmt, aber auch hilfsbereit."
Pröll der Schließer
Aber auch Kritik kommt aus dem Bezirk am scheidenden Landeshauptmann in Form seines Ex-Schulkollegen Josef Baum. Der Wahl-Waldviertler ist Kopf des Verkehrsforums Waldviertel und ein scharfer Kritiker an der Politik Prölls: "Das Schlimmste war die unbegründete Schließung der Geburtshilfestation in Waidhofen, dann die Verhinderung der Windkraft als lokale erneuerbare Energie, die Einstellung der Bahn Schwarzenau-Waidhofen oder der Abbruch des Projekts der grenzübergreifenden Thayatalbahn trotz durch ihn erfolgten Spatenstichs in Waldkirchen."
Der Hintergrund: Pröll hatte im Jänner 2009 bestätigt, dass der Lückenschluss der Bahn von Waidhofen nach Slavonice ganz oben auf der Prioritätenliste des Landes stehe. Die Politik in Tschechien nahm die Ankündigung ernst und baute die Bahn in Slavonice aus. Doch der Lückenschluss in Niederösterreich blieb aus - die Strecke wurde in einen Radweg umgebaut. Dieser Radweg führt zwar zu einem satten Tourismus-Plus, Kritiker haben Pröll das nicht eingehaltene Versprechen aber bis heute nicht verziehen. Auf das Aus der Thayatalbahn folgte 2011 die Einstellung der Strecke Schwarzenau-Waidhofen. Die Bezirkshauptstadt ist seitdem gänzlich ohne Bahnanschluss.
Auch im Fall der Schließung der Geburtshilfestation am Landesklinikum Waidhofen machte sich Pröll nicht nur Freunde. Als sich breiter Widerstand formierte, sagte Pröll eine nochmalige Prüfung zu. Diese geschah auch - durch zwei Gutachter aus der Schweiz bzw. Deutschland, die eine Schließung befürworteten. Kritiker der Plattform ProGyn sprechen bis heute von einem Ablenkungsmanöver. "Versprechungen und ,unabhängige Prüfungen' hatten nur den Effekt Zeit zu gewinnen und Tatsachen zu schaffen", so Josef Baum.
Pröll der Bremser
Als im Landtagswahlkampf 2013 die Forderung nach einer Schnellstraße oder Autobahn ins Waldviertel immer lauter wurde, stoppte Pröll die Debatte, wie nur er es kann. Er lasse sich keine Schneise durch das Waldviertel schlagen. Damit war die Diskussion beendet. Sozialdemokraten und Freiheitliche hatten sich bis dahin intensiv bemüht die Autobahn (FPÖ) oder Schnellstraße (SPÖ) in den Schlagzeilen zu halten - seit dem Pröll'schen Machtwort ist das Thema bestenfalls eine Randnotiz.
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