Arbeiterkammer Waidhofen holt 75.000 Euro für ihre Mitglieder raus
40-jähriger Lieferant sollte auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten - ebenso wie auf seine Überstunden.
WAIDHOFEN. Er spricht schlecht Deutsch und unterschreibt den Dienstvertrag ohne die Klauseln genau zu verstehen. Der 40-jährige Paketauslieferer aus Tschechien war froh einen Teilzeitjob zu haben. Was ihm erst später auffiel: er hatte im Vertrag auf sein Urlaubs- und Weihnachtsgeld zugunsten seines Arbeitgebers verzichtet. „Der Mann, der schlecht Deutsch spricht, hat geglaubt, dass das rechtlich in Ordnung geht, und das unterschrieben“, schildert Christian Hemerka, Leiter der Bezirksstelle Waidhofen der Arbeiterkammer.
Der 40-Jährige musste auch sechs Tage die Woche arbeiten und kam auf 36 statt der vereinbarten 30 Stunden. „Auch die Überstunden wurden ihm nicht bezahlt.“ Nach einem Jahr reichte es dem Arbeitnehmer und er unterschrieb die letzte Abrechnung nicht und wandte sich an die für ihn nächstgelegene AK-Bezirksstelle. „Wir haben ihn dann aufgeklärt, dass er rechtlich gar nicht auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten kann und dass ihm das auf jeden Fall zusteht. Das ist ein sogenanntes unabdingbares Recht, genauso wie der Anspruch auf Urlaub“, erklärt Hemerka.
Unternehmen reagierte nicht
Die AK-Bezirksstelle forderte von dem Paketauslieferungsunternehmen aus Niederösterreich das Geld ein, das dem Mann in dem nur knapp mehr als ein Jahr dauernden Beschäftigungsverhältnis zu wenig bezahlt worden war: 6.600 Euro. „Das Unternehmen hat nicht auf unsere Forderung reagiert, unsere Rechtsschutzexperten klagen den Betrag also vor dem Arbeitsgericht ein“, beschreibt Hemerka den aktuellen Stand. Das Unternehmen wird möglicherweise auch mit einer Anzeige wegen Verstößen gegen das Lohn- und Sozialdumpinggesetz zu rechnen haben.
Fälle wie diese beschäftigten die Arbeiterkammer Waidhofen im ersten Halbjahr 2017. Zeit für eine Bilanz: Im ersten Halbjahr 2017 forderte die Arbeiterkammer Waidhofen für 24 Arbeitnehmer ausstehende Löhne und Gehälter ein. „Leider haben es einige Arbeitgeber auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen“, sagt Bezirksstellenleiter Christian Hemerka. In fünf Fällen klagte die AK vor dem Arbeitsgericht. Außerdem vertrat die AK im Bezirk drei Beschäftigte aus einem insolventen Betrieb. Insgesamt bekamen die Betroffenen durch die Unterstützung der Experten 75.983 Euro an ausstehenden Löhnen und Gehältern nachbezahlt, um die sie ohne AK wahrscheinlich umgefallen wären.
Tipp: Ansprüche unbedingt geltend machen
Zwar haben Arbeitnehmer natürlich Ansprüche auf nicht bezahlte Gehälter - aber die Fristen diese auch geltend zu machen, sind oft kurz. Drei Monate sind Minimum, bei manchen Kollektivverträgen mehr, erklärt die stellvertretende Bezirksstellenleiterin Sabine Draxler. Deshalb ihr Tipp: "Am besten sofort melden. Wer sich meldet hemmt den Verfall der Fristen."
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