Wie vor 100 Jahren: Die Ybbsitzer zeigen "Schneid"
Gras mähen wie vor 100 Jahren. Die Ybbsitzer "Sensenfrauen" und "Sensenmänner" wissen, wie es geht.
YBBSITZ. Franz Kerschbaumer aus Ybbsitz steht in seiner Mähbahn. Er erzeugt eine Drehbewegung aus dem Rumpf und führt die Sense bogenförmig dicht über dem Boden durch Hornklee, Margeriten und Wiesenklee. Nichts ist zu hören.
Nur die Klinge, die zischend die Stille bricht. Sanft fällt das lange Gras um.
"Sengstführung ist wichtig"
Franz Kerschbaumer arbeitet zügig, aber ohne großen Krafteinsatz.
Und zeigt damit der Landjugend beim Sensenmäh-Wettbewerb, dass er auch mit 77 Jahren noch "Schneid" hat. Und die sei beim Mähen wichtig, verrät er. "Natürlich ist beim Mähen die Sengstführung wichtig. Aber es kommt auf die Schneid der Sense an. Neben der Technik ist das richtige Dengeln und die Einstellung der Sense entscheidend", so Franz Kerschbaumer.
"Dengeln" ist ein Verfahren zum Schärfen der Schneide einer Sense, bei dem diese zu einer dünnen, scharfen Schneide durch Hämmern ausgetrieben wird. Die erzeugte Schneide wird als Dengel bezeichnet.
Haltung und Sauberkeit
"Wir bewerten beim Sensenmähen die Sauberkeit, die Anmaht und die Ausmaht, die Zeit, aber auch die Haltung", erklärt Wertungsrichter Johann Scheibelauer. "Darum hab ich beim Wettbewerb auf die Haltung gesetzt", schmunzelt Ybbsitzerin Franziska Weigl zu ihrer "Taktik".
Auf Kraft setzt dagegen Michael Heim: "Einfach durchziehen", erklärt er.
"Ich mäh einfach gern", verrät Daniel Mayerhofer. "Das gibt mir das gute Gefühl, aus eigener Kraft etwas geschafft zu haben. Ich finde es sogar entspannend", lacht er nach seinem Wettbewerbseinsatz.
Die "Sensensieger"
Der Beste im Sensenmähen in der Kategorie "Ü30" wurde Robert Schachner, in der Gruppe unter 30 Jahren mähte sich Michael Heim zum Sieg. In der Damenwertung holte sich Elisabeth Pichler den ersten Platz. Bei den "Gastmähern" erreichten Heidi Karrer und Andreas Templer die höchste Punktezahl.
Zur Sache
Die ersten beidhändig zu führenden Sensen tauchen zu Beginn der Eisenzeit in Mitteleuropa auf. Erst noch mit relativ kurzem Stiel, wobei Blatt und Stiel sich auf einer Ebene befanden. Das Arbeiten war wohl nur in gebückter oder hockender Stellung möglich. In der Latènezeit entwickelte sich aus diesen Vorläufern die moderne Sense mit längerem Stiel und abgewinkeltem Blatt, so dass ein bodennahes Abschneiden der Pflanzen in aufrechter Stellung möglich war.
Seit 1550 werden und wurden in Österreich Sensen geschmiedet. Entlang starker Wasserströme (die die Energie für die Schwanzhämmer lieferten) umgeben von Wäldern (deren Holzkohle das Eisen zum glühen brachte) entstand Sensenwerk hinter Sensenwerk.
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