Die finanzielle Sorge in der Schultüte

Für die Taferlklassler beginnt bald ein neuer Lebensabschnitt – nicht selten müssen ihre Eltern dafür auf Unterstützung setzen. | Foto: KK
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Die letzten Fotos sind gemacht, die Schultüten durchwühlt, die Glocke läutet, im Klassenzimmer werden die Plätze eingenommen. Für die Eltern der 1.475 Taferlklassler aus Graz-Umgebung wird der erste Schultag ein emotionaler Moment werden. Zugleich bringt der Schulstart Mama und Papa schnell an finanzielle Grenzen. Denn um den Kindern den Start so einfach wie möglich zu machen, müssen sie tief ins Geldbörserl greifen.

Enorme Preisunterschiede

Wie teuer Schule ist bzw. dass sie immer teurer wird, hat die Arbeiterkammer Steiermark in ihrer Preiserhebung für 23 ausgewählte Produkte aus neun Fachmärkten und Handelsketten herausgefunden. So bewegt sich die Preisspanne für ein Schultaschenset zwischen 40 Euro (Aktionspreis) und 240 Euro (Markenprodukt). Die sich darin befindende Grundausstattung mit Bleistift, Heft und Co. kann zwischen 39.41 und 134,92 Euro kosten. "Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Einzelpreise im Fachhandel im Durchschnitt um sechs Prozent erhöht", teilt AK-Marktforscherin Susanne Bauer mit. Dagegen sind die Durchschnittspreise bei Produkten aus Handelsketten relativ unverändert geblieben.

Armut und Ausgrenzung

Auch im SOS-Kinderdorf Stübing wird der Schulstart schon erwartet. Insgesamt 70 Kinder und Jugendliche besuchen überwiegend Schulen in der näheren Umgebung des Kinderdorfs. Für Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf Österreich, ist der Schulstart zugleich Anlass, um auf finanzielle Nöte aufmerksam zu machen. Rund 356.000 Kinder und Jugendliche leben österreichweit in Haushalten, die als armuts- und ausgrenzungsgefährdet gelten.
Besonders Alleinerziehende, Mehrkindfamilien ab drei Kindern und Familien mit Migrationshintergrund sind in hohem Ausmaß von Armut betroffen. "Für Kinder aus armutsgefährdeten Familien überwiegen am ersten Schultag oft finanzielle Sorgen und Scham", sagt Moser. "Die Folgen davon sind soziale Ausgrenzung und Benachteiligung. Diese Erfahrungen sind für Kinder demütigend und belastend." Aufgrund dessen fordert das SOS-Kinderdorf eine Kinderkostenanalyse. Denn je nach Schultyp und Schulstufe fallen weitere finanzielle Investitionen, etwa bei Schulausflügen, Nachmittagsbetreuung, Nachhilfen oder technischen Geräten, an. "Die Regelbedarfssätze", lässt Moser wissen, "basieren auf einer Erhebung aus den 1960er-Jahren" und sind mit den heutigen Zahlungen nicht mehr zu vergleichen. Die Durchführung einer Kinderkostenanalyse ist im Arbeitsprogramm der Bundesregierung für 2013 bis 2018 vorgesehen, bislang wurde sie aber noch nicht umgesetzt.

Unterstützung und Beihilfe

Alleinerziehende sowie Eltern und Paare, die die Schultasche nicht reichlich füllen können, können jedoch finanzielle Unterstützung beantragen. Wer Familienbeihilfe bezieht, dem wird im September jeweils ein Schulstartgeld von 100 Euro für jedes Kind zwischen sechs und 15 Jahren überwiesen. Die AK Steiermark greift Arbeitnehmern mit geringem Einkommen durch eine Schulbeihilfe in Höhe von 250 Euro pro Schuljahr unter die Arme, die ab dem 15. Oktober beantragt werden kann (Infos unter www.stmk.arbeiterkammer.at).
"Gerade zu Schulbeginn wenden sich viele alleinerziehende Mütter und Väter und Familien mit vielen Kindern an uns, weil sie Hilfe benötigen. Tendenz steigend", meint die ehrenamtliche Präsidentin der Volkshilfe Steiermark Barbara Gross. Wie jedes Jahr bietet die Volkshilfe ihre Schulstartaktion an. Teilnehmende Bezirksvereine haben die Möglichkeit, Familienbudgets mit Gutscheinen für Schulmaterialien zu entlasten. Der Bezirksverein Graz-Umgebung befindet sich mit der Vorsitzenden Karin Greiner am Gratweiner Hauptplatz im neu eröffneten Bürgerbeteiligungsbüro (Infos unter 0676/8708 31505 bei Christoph Stangl). Die Gutscheine werden von der Volkshilfe Solidarität im Rahmen der Volkshilfe Armutskampagne zur Verfügung gestellt.

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