Dr. Streit: Ein "Nein" muss manchmal sein
Philip Streit erklärt, wie man mit Wutanfällen von Kindern gut umgeht.
Mitten im Supermarkt, die Schoko lacht vom Regal, das Kind will zugreifen, die Eltern sagen Nein. Die Folge: Das Kind wirft sich auf den Boden und brüllt. Wie geht man mit Wutanfällen der Kleinen in der Öffentlichkeit richtig um? Der Psychologe weiß Rat.
Wut ist ein Lösungsversuch, um auf sich aufmerksam zu machen und das gelingt ja mit auf den Boden werfen, trommeln, brüllen, schlagen oder beißen. Wut entsteht, wenn ein kleines Kernzentrum in unserem emotionalen Gehirn anschlägt, der sogenannte Mandelkern, welcher ursprünglich dem Schutz vor Gefahr dient. Das Stresssystem wird aktiviert und veranlasst das Wut-Verhalten, besonders wenn Kinder noch keine Möglichkeiten haben, sich anders zu artikulieren. Das ist bis zu zweieinhalb Jahren regelmäßig der Fall. Bis zu diesem Alter können Kinder von sich aus keine Bedürfnisse aufschieben. Mit der Entwicklung des "Ich" und dem Erkennen des "Nein" wächst auch die Selbstkontrolle bei einem Kind heran.
Richtiger Umgang
Wutanfälle bekommt man nicht erst im Kaufhaus, sondern im Vorfeld in den Griff. Wenn man während des Trotzanfalls seines Kindes selbst wütend wird, bringt das gar nichts. Das macht nur noch mehr Angst und Wut auf Seiten des Kindes und Ihre Verzweiflung nimmt zu.
1) Nein ist Nein. Arbeiten Sie daran, dass Ihr Kind die Bedeutung von „Nein“ versteht. Seien Sie dabei liebevoll. Lange Erklärungen sind unnötig – ein „Nein“ ist Ihre Entscheidung. Das hilft Ihrem Kind, später auch selbst Nein zu sagen. Bleiben Sie beharrlich.
2) Zur Wut stehen. Suchen Sie Unterstützung, wenn Ihr Kind sich schwertut, seine Wut zu kontrollieren und stehen Sie dazu. Gehen Sie auf andere zu.
3) Ruhe bewahren. Wenn der Wutanfall in der Öffentlichkeit stattfindet, beruhigen Sie sich zunächst einmal selbst, indem Sie tief ein- und ausatmen.
4) Wutanfälle überstehen. Signalisieren Sie Ihrem Kind nonverbal, dass Sie da sind. Weichen Sie aber nicht von Ihrer Nein-Haltung ab. Lenken Sie ab, indem Sie auf etwas anderes hinweisen oder Humor einsetzen. Muten Sie Ihrem Kind zu, dass es die Situation aushalten wird und sich selbst, dass Sie die Situation meistern.
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Familienflüsterer
Dr. Philip Streit
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut sowie Lebens- und Sozialberater und beantwortet in der WOCHE Fragen aus dem Themenfeld Erziehung, Familie und Beziehung.
Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz. Es ist das größte Familientherapiezentrum in der Steiermark.
Telefon: 0316/77 43 44
www.ikjf.at
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