Die "Saubermacherin" am Tatort

Oswald Hicker im Gespräch mit Rosalia Zelenka | Foto: P3tv
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Frau Zelenka, Sie sind Tatortreiniger und in Ihrem Beruf haben Sie viel mit Messies zu tun. In den Bezirksblättern haben wir gerade aktuell berichtet über einen Fall einer Mietnomadin im Waldviertel, die binnen drei Monaten ein unglaubliches Chaos in einer Wohnung angerichtet hat. Hat dort mit dutzenden Katzen auch gelebt hat, Müllung, Vermüllung. Man liest sehr oft von solchen Fällen. Sie kommen mit solchen Fällen sehr oft in Berührung. Ist das eine Modeerscheinung Messi zu sein?

Also für uns hat sich so dargestellt, dass es einerseits eine eine Art Wirtschaftsverwahrlosung ist, so eine Wohlstandsverwahrlosung, wo sehr stark Zugang ist zu Gütern. Und und Menschen hier ihre Lücken, ihre psychischen Bedürfnisse auffüllen mit Material, die man eben erwerben kann und andererseits auch eine Erscheinung dessen, dass sehr viele Menschen heutzutage alleine leben, alleine leben müssen auch im Alter und hier eben auch einen Zugang zur Gesellschaft suchen. So gehen sie einkaufen und sammeln eben Güter.

Also die sammeln richtig Güter. Aber sie sammeln nicht nur jetzt Schuhe oder sind haben Bestellsucht, sondern die sammeln auch Lebensmittel, die nicht gekühlt sind. Solche Sachen, ja.
Alles Mögliche. Also das es kann alles sein. Das kann von Lebensmittel seien über nur Zigarettenschachteln, das kommt vielleicht auch darauf an, wie wirtschaftlich begütet dieser Mensch ist, was er sammeln kann. Da wird alles gesammelt. Von Kosmetika über Parfüms, alles.

Und das stapelt sich dann in den Wohnungen. Irgendwann kommt man
fein säuberlich, ja

bei den Türen nimmer rein. Dann wird der nächste Raum wahrscheinlich angefüllt. So
Genau. Es gibt sogar Menschen, die, wenn sie dann mehr wirtschaftliche Mittel zur Verfügung haben noch einen weiteren Wohnung mieten nur um ihre Güter hier unterzubringen.

Würd mich jetzt interessieren: Ich habe eine Unart, ich hänge mein getragenes Gewand immer, ich habe so einen Kaffeehausständer zu Hause, auf diesen Kaffeehausständer auf bevor ichs zur Wäsche gib. Meine Frau sagt, ich bin der unordentlichste Mensch. Wo beginnt jetzt der Messi und wo hört einfach eine gewisse Schlampigkeit auf.
Naja. Also einen einen kleinen Messi hat glaube ich jeder in sich. Jeder findet irgendwo eine Ecke. Das ist halt so seine Messi-Ecke. Man muss wirklich einmal durch sein Leben gehen und schauen, wo habe ich das. Messi ist dann, wenn wirklich eine Verunreinigung, wenn eine eine gesundheitliche Gefahr auch schon besteht. Ja, denn wenn ich so viel horte und sammle, ohne dass ich mehr die Wohnung normal betreten kann, beziehungsweise durchgehen kann oder reinigen kann. In den Stäuben sammeln sich ja Milben. Milben übertragen wieder Würmer. Also wenn hier eine gesundheitliche Gefahr besteht, dann würde ich sagen, es ist ein Messi. Also wenn er sich nicht mehr lösen kann von dem Ganzen.

Sie haben ja auch Erfahrungen aus Niederösterreich. Sie haben da einige Fälle betreut. Erzählen Sie uns einmal von ein paar solchen Fällen, wie schaut es dort aus und wie geht es diesen Menschen damit?
In vielen Fällen treffen wir diese Menschen nicht mehr. Weil sie schon in ein Heim ausgelagert wurden, und dann wurde eben diese Wohnung bereinigt. Ich habe einige Fälle erlebt, wo eben die Menschen noch da waren und es ist total schwer denen mit mit ihnen gemeinsam hier eine Ordnung zu schaffen. Also denen etwas zu entreißen. Das braucht sehr viel Empathie und Einfühlungsvermögen. Und man schafft es, aber sehr schwer.

Also wenn Sie da eine alte Pizzaschachtel wegwerfen, dann kann das sein, dass derjenige sagt,
die braucht er noch.

die braucht ich noch.
Die braucht er noch. Und dann wird darüber diskutiert, was ist mit dieser Pizzaschachtel und so weiter und in vielen Fällen werden die dann auch freigegeben. Ein gutes Mittel ist diesen Menschen mithelfen zu lassen, dass er realisiert, das ein oder andere braucht er ja dann doch nicht. Irgendwann sieht er, dass es unfassbar viel ist und gibt es dann schon freiwillig weg.

Die Menschen müssen das ja mitkriegen. Sie schreiben in Ihrem Buch von einer Dame aus dem Waldviertel, die sich bei Ihnen gemeldet hat sogar und gesagt hat, sie braucht Hilfe, sie ist Messi und wird delogiert. Hie Hausverwaltung hat ihr einen Brief geschrieben, wenn sie ihre Wohnung nicht in Ordnung bringt. Die muss ja vorher schon gewusst haben, dass da was nicht stimmt.

aja, deshalb lassen diese Menschen ja auch niemanden mehr in die Wohnung hinein, aber es ist zu überwältigend. Es ist einfach, es ist auch für uns überwältigend, nur wir sind insofern nicht so involviert. Wir können ja wieder gehen. Aber die leben da drinnen und sie wissen ja, dass hier das nicht stimmt, dass es nicht in Ordnung ist und das ist eine Art von von Scham auch. Also sie schämen sich dessen. Ja. Und hier Hilfe zu leisten, das ist schon ein großartiges Ding.

Und gibt es da mehr Fälle, wo man sagt, da sammelt jemand alte Zeitungen, das kann man wahrscheinlich als Nachbar noch irgendwie verkraften, aber gibt es ja wahrscheinlich auch Fälle, wo die Leute dann eben etwas sammeln oder anhäufen in der Wohnung. Müll, der dann zu gesundheitlichen, zu Geruchsproblemen führt usw. Wie ist das, geht das immer Hand in Hand so eine Sammelleidenschaft auch mit einer Vermüllung oder sind das spezielle Fälle?
Also ich habe noch keine dieser Art Sammelleidenschaft erlebt, wo es dann zu keiner Vermüllung gekommen ist. Und oft ist es dann auch so, dass die Menschen dadurch sie sich aus der Gesellschaft herausnehmen und zurückziehen. Sie sind dann teilweise auch krank. Ja. Es kann sich keiner kümmern und dadurch findet auch eine Vermüllung statt. Ja. Meinetwegen ist der Kühlschrank vollgeräumt und die lagern das einfach auf dem Balkon, was natürlich im Sommer ein Wahnsinn ist und hier natürlich ein Mikrokosmos auch entsteht.

Da kommen dann alle möglichen Insekten, wahrscheinlich
Ja natürlich.

Nagetiere, Ratten und so weiter und sofort.
Gibt es irgendwie einen Check? Kann ich feststellen, habe ich Neigungen in diese Richtung abzudriften? Ab wann sollte ich mir Sorgen machen? Gibt es da irgendwelche Hinweise?
Wenn ich, wenn ich mich wirklich nicht mehr trennen kann, wenn ich dieses normale Gefüge nicht mehr empfinde, ich sollte jetzt einmal wieder meinen Schrank ausmisten. Wenn es einfach zu viel wird, wenn die Wohnung so voll wird und und ich mich das Gefühl habe, wenn ich das jetzt weggebe, dann hier eine große Lücke, das ist für mich eine Katastrophe, dann wird es bedenklich.

Also ich neige dazu Dinge auch mit Gefühlen zu verbinden. Also, ich denke mir, okay, den Stift den werfe ich jetzt vielleicht nicht weg, weil irgendwie, der ist ja noch gut und er soll nicht umsonst produziert worden sein.
Das machen wir alle.

Okay.
Ja, also das, das ist eine ganz normale menschliche Neigung. Das machen wir alle. Ich heb mir auch alle Zeichnungen meiner Tochter auf. Das ist alles noch nicht Messi. Messi ist wirklich eine Krankheit [Klingt im Interview nach „krankhaft“]. Da kommt auch psychisch etwas dazu. Das geht auch einher oft mit einer Depression. Ja. Also das, die brauchen auch eine psychische Betreuung, eine psychologische Betreuung.

Über die psychologische Betreuung hinweg, gibt es da irgendwelche Wege zurück zur Ordnung? Gibt es da irgendwelche Tipps, wie man die innere Ordnung wieder herstellen kann?
Ich habe in meinem Buch, ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie wie kann man da wieder versuchen rauszukommen. Die Hilfe von einem Psychologen wird man auf jeden Fall brauchen. Also die Illusion muss man nehmen, dass man das nicht braucht. Aber wenn man sich Listen macht, wie mache ich das und was nehme ich mir für heute vor und dann wirklich rigoros auch das einzuhalten. Das ist so wie eine Einkaufsliste. Wenn Sie einmal einkaufen gegangen sind, wissen Sie wie schwer es ist, nicht irgendetwas anderes noch mitzunehmen. Und so sollten sich diese Menschen eine Liste schreiben, was sie vorhaben und sie müssen das wirklich auch abhaken. Ja. Gibt dann auch wieder ein gutes Gefühl. Ich habe das geschafft.

Sie haben mit diesen Menschen zu tun. Gibt es eigentlich auch das Gegenteil von Messies Ihrer Meinung nach?
Ja, gibt es schon, die beanspruchen jedoch nicht unsere Unterstützung. Es gibt schon auch Menschen, die einen einen Putzwahn haben, ja, also die wirklich zu viel Sauberkeit wollen. Die macht es schon wahnsinnig, wenn wenn sie irgendwo ein bissl einen Staub sehen, was ja für unser Immunsystem sehr gut ist.

Darüber werde ich mit meiner Frau reden. Frau Zelenka, ich bedanke mich recht herzlich für das Gespräch.
Sehr gerne.

Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen. Es sind einige gute Beispiele aus Niederösterreich drinnen. Wir alle könnten in unserer Nachbarschaft solche Menschen haben und vielleicht können wir ihnen irgendwie helfen.

"Hicker fragt nach" zum Nachschauen gibt's auf www.p3tv.at

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