Tote Frauen in hervorragender musikalischer Umgebung
72 mal wurden die Festspiele in Bregenz schon eröffnet. Aktuell steht „Carmen“ von Georges Bizet vom 18.7. bis 20.8. als Wiederaufnahme auf dem Spielplan. Das Spiel am See ist geprägt von Leidenschaft, Hoffnung, Liebe und Tod. 200.000 Gäste sahen voriges Jahr dieses Spektakel. Für heuer erwartet man die gleiche Besucherzahl. Tickets gibt es noch. Ehrlich: Carmen ist ohnehin ein Selbstläufer.
Ungewöhnlich, interessant und spannend sind Aufführungen in den anderen Spielstätten. Ich erinnere mich an „Hoffmanns Erzählungen“. Ich saß mit meiner Begleitung bei einem üppigen Frühstück auf dem Festspielgelände, als sich ein Vorarlberger Paar zu uns gesellte. Nach höflichem Small Talk kamen wir rasch auf Jacques Offenbachs Meisterwerk zu sprechen. Vergessen sie alles, was sie über „Hoffmann“ gelesen, gehört oder gesehen haben, sagte er. Es war in der Tat eine schräge, von allen Konventionen befreite Aufführung. In sehr guter Erinnerung habe ich auch noch „Tod in Venedig“ - alles hochklassige Aufführungen.
Das erwarte ich mir auch von der Oper „Beatrice Cenci“ im Festspielhaus. Berthold Goldschmidt schildert darin ein böses Spiel, eine wahre, mörderische Geschichte. Der Edelmann Cenci, der sich gar nicht edel benimmt. Er ist ein Tyrann, der sich von seinen Untaten freikauft. Er lässt seine Söhne und seine Tochter hinrichten, geilt sich am Leid der Familie auf und lässt auch seine Umgebung spüren, welche Macht er hat. Die Kirche spielt einmal mehr eine dubiose undurchsichtige Rolle, der Papst mitten drinnen. Regisseur Johannes Erath: „Beatrice Cenci ist eine in Musik gefasste Ohnmacht“.
Weg vom Mord, aber nicht weniger dramatisch ist die Oper „Das Jagdgewehr“. Karl Markovics traut sich über eine Opernregie. Nach einer Novelle von Yasushi Inoues komponierte Thomas Lachner dieses Stück. Sechs Jahre hat es gedauert, sagte Intendantin Sobotka lächelnd. Markovics lässt sich über die Ausgestaltung dieses Auftragswerkes nicht viel entlocken. Nur so viel: Das Zusammenspiel zwischen dem Komponisten und der Librettistin (Friederike Gösweiner) ist eine leichte Melange aus duftigem Schauspiel und musikalischer Entfaltung. Bei den Bregenzer Festspielen wird es aus der Taufe gehoben.
Das vierte Standbein sind die Wiener Symphoniker. Mit ihrem neuen Chefdirigenten Andrés Orozco-Estrada* kommen sie an den Bodensee. Ein spannendes Programm wie z.B. Antonín Dvořáks „Te Deum“, Maurice Ravels „Konzert für die linke Hand“ sowie einige Werke von Richard Strauss. Man darf sich ein einzigartiges Musikerlebnis erwarten. Es war eine perfekte Entscheidung des Orchesters, mit Andrés Orozco-Estrada in die Zukunft zu gehen.
Um für Opern hochklassiges Personal zu bekommen, braucht es eine lange Vorlaufzeit. Demgemäß zeigt das Festival „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi 2019 und 2020 auf der Seebühne. Und 2021/2022 kommt „Madame Butterfly“ von Giacomo Puccini erstmals nach Bregenz.
In der Pressemappe werden noch weitere Produktionen angeführt, die den Platz sprengen würden.
Nun denn: Auf nach Bregenz
Infos und Tickets: http://www.bregenzerfestspiele.com/
*Andrés Orozco-Estrada hat mit dem Houston Orchester eine beachtenswerte CD „Music the Americas“ mit Werken von Bernstein und Gershwin eingespielt. Kauf empfohlen.
Reinhard Hübl
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