Simon Wagner besiegt tschechische Elite

Foto: Dusek
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MAUTHAUSEN. Tschechien sei für österreichische Piloten eine Art „Nogo-Area“ geworden. Seit vielen Jahren würden sich kaum noch Österreicher in das nördliche Nachbarland wagen, stellte Werner Schneider erst unlängst in einem seiner "Rally & more"-Artikel fest. Was auch daran liegen könnte, dass in der Tschechei vor allem in punkto Rallye vieles ganz anders ist als wir es in der „Alpenrepublik“ gewöhnt sind: Der Rallyesport nimmt dort jenen Stellenwert ein, den bei uns seit gefühlten Jahrtausenden der Fußball innehat.

Simon Wagner jedenfalls kommt nach seinem denkwürdigen Auftritt bei der Rally Sumava Klatovy aus dem Schwärmen kaum noch heraus: „Es waren dermaßen viele Fans an den Strecken – da hast du 10.000 Leute in einer einzigen Actionzone, selbst auf der Verbindungsetappe sind überall begeisterte Rallyefans zu sehen. Diese Begeisterung für unseren Sport, das großartige Flair, die unheimlich gute Stimmung egal ob die Sonne scheint oder es regnet – du hast dort das Gefühl, als würde das gesamte Land zusammenhelfen, um diese Rallye stattfinden zu lassen.“

Tschechisches Team Gold wert

Dass zuletzt dennoch wenige Landsleute einen Start im „Rallyeland CZ“ wagten, kann sich Simon trotz aller Begeisterung gut vorstellen: „Vielleicht wollten es ein paar Landsleute völlig auf eigene Faust probieren? Dann nämlich stelle ich es mir schwierig vor. Vor allem wegen der Sprachbarriere: Kaum jemand spricht Deutsch oder Englisch, zugleich wird zum Beispiel der Zeitplan der Rallye laufend geändert – vieles würdest du einfach nicht mitbekommen. Entweder musst du Tschechisch beherrschen – da habe ich erst zu lernen begonnen und bin noch nicht über ‚Guten Morgen‘, ‚Guten Appetit‘ und ähnliches hinausgekommen – oder eben du fährst für ein tschechisches Team.“ Genau das sei an diesem Wochenende „Gold wert“ gewesen, sagt Simon Wagner, der heuer in der Tschechischen Rallye-Staatsmeisterschaft einen Peugeot 208 R2 des tschechischen Sparrow Racing Teams pilotiert.

Unterschiedlich rutschige Asphaltpassagen

Der zweite Meisterschaftslauf hatte es nämlich in sich: „Am ersten Tag war es trocken, doch am zweiten Tag waren die Bedingungen schwierig: Ein Dauernieselregen verschärfte die an sich schon harten Streckenbedingungen zusätzlich. Simon erklärt: „Wie auch bei der Barum-Rallye gibt es auch bei der Rally Sumava zum einen ziemliche Bumpy-Passagen, zum anderen hast du die für Tschechien typischen unterschiedlichen Asphaltstücke, der Grip ändert sich permanent. Plötzlich bleiben die Räder stehen, weil du gerade auf einem besonders rutschigen Asphaltteil fährst. Für mich war diese Rallye jener Bewerb, bei dem ich mir in Summe die meisten Fehler erlaubt habe. Das war eine Riesenherausforderung.“ So gab es auch zahlreiche Abflüge, darunter etwa auch Simons Namensvetter Karl Wagner, der in der Historischen Rallye-EM seinen Porsche nach einem Sprung verlor. Auch Jungpilotin Tamara Molinaro flog nach einer schlechten Landung mit dem Opel Adam R2 in die Botanik.

Wechselhafter Nieselregen

Doch nicht nur die unterschiedlich rutschigen Asphaltpassagen stellten die Piloten auf eine harte Prüfung – auch der Nieselregen war keinesfalls überall gleich intensiv: „In der Nähe des Rallyezentrums, das sich in der Stadt befand, war der Regen viel stärker als es 60 Kilometer weiter draußen der Fall war. Denn dort war es zum Teil sogar trocken.“ Als weitere „Verschärfung“ gab es einen Durchgang, bei dem fünf völlig unterschiedliche Sonderprüfungen am Stück gefahren wurden, ohne Service, lediglich Nachtanken war erlaubt. Simon Wagner ist überzeugt: „Ohne unser Team, das Leute auf die unterschiedlichen Strecken sandte, hätten wir keine Chance gehabt. Ich habe laufend mit dem Teamchef telefoniert und so konnten wir unsere insgesamt sechs Reifen bestmöglich auf die jeweiligen Streckenbedingungen abstimmen: zwei Regenreifen hatten wir fix hinten montiert, vorne wechselten wir ständig von Trocken- auf Regenreifen und wieder retour. Ohne das Sparrow Racing Team wären wir nicht in der Lage gewesen, dermaßen flexibel auf die jeweiligen SP-Bedingungen reagieren zu können. In diesem Team herrscht einfach eine gute Stimmung- es können alle im Team gut zusammenarbeiten.“

Blutige Finger für Copilot Gerry Winter

Immer mehr sickert durch, warum die Rally Sumava Klatovy für Simon Wagner die „aufregendste, spannendste“ war: Denn die ständigen Reifenwechsel mussten bald schon unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden. Simon berichtet: „Eine Radmutter verklemmte sich mit der Nuss – so mussten wir auf den kleinen Notradschlüssel wechseln, den jedes Auto dabei hat. Mein Copilot Gerry hat sich dabei komplett blutige Finger geholt.“ Gerald Winter, seines Zeichens international erfahrener Copilot, biss die Zähne kräftig zusammen – und sorgte mit seiner guten Koordinationsarbeit auch dafür, dass Simon und Gerry stets den Überblick bewahren konnten. So kam es am zweiten Tag zu einem „Drama“, als man auf der Verbindungsetappe im Stadtverkehr steckenblieb und zehn Strafsekunden hinnehmen musste.
Dass diese zu dem Zeitpunkt kaum Schmerzen bereitet haben, lag an der starken Fahrt der beiden Österreicher. Denn die „aufregendste Rallye, bei der ich die meisten Fehler gemacht habe“ wurde immer mehr zu einer wahren Sternstunde. Denn der tschechische Jungpilot Filip Mares, der in einem importeursseitig eingesetzten Peugeot 208 R2 als größtes Talent des Landes gilt, konnte Simon nicht gefährlich werden. Vor der letzten Prüfung hatte Wagner auf Mares einen sagenhaften Vorsprung von 44 Sekunden herausgefahren.

Dramatischer Showdown

Doch einmal noch sollte es richtig ans „Eingemachte“ gehen. Simon erzählt kopfschüttelnd: „Wir hatten auf einer 6 Kilometer-Prüfung etwa 4,5 Kilometer vor dem Ziel einen Reifenschaden – mein erster Patschen auf einer Sonderprüfung, nach all den Jahren musste das ausgerechnet hier passieren. Es waren nur 4,5 Kilometer, doch da waren verdammt schnelle Passagen dabei: Wenn du mit 120 auf der Felge fährst hoffst du inständig, dass du nicht das Auto oder zu viel Zeit verlierst. Denn im Gegensatz zu einem Allradauto wirkt sich im Zweiradauto ein Reifenschaden links vorne so aus, als würde das Auto nur noch auf einer Seite angetrieben.“

Gratulationen von Verbandspräsident und einigen Teamchef
Im Ziel der Prüfung dann das unsichere Warten, der bange Blick auf das Zeitenservice. Schlussendlich konnten Simon und Gerry jubeln – sie konnten mit ihrer mutigen Fahrt auf der Felge immerhin noch fünf Sekunden des Vorsprungs hinüberretten und feierten damit einen grandiosen 2WD-Gesamtsieg und sorgte entsprechend für Aufsehen. Sogar der Präsident des Tschechischen Landesverbands kam gratulieren. Simon nickt: „Das hat uns wirklich total gefreut – der Präsident war es auch, der sich dafür eingesetzt hatte, dass wir in der Tschechei Punkte schreiben dürfen. Da kann man nur froh sein, dass es auch solche Funktionäre gibt.“ Selbst die Teamchefs einiger Konkurrenten gratulierten Simon höchst persönlich. Dass er den tschechischen Jungstar dermaßen in Griff hatte, sorgte für erhöhte Aufmerksamkeit, schließlich hatte Mares die vergangenen Jahre in Tschechien alles gewonnen, was es dort zu gewinnen gibt. Simon Wagner dazu: „Natürlich freut es einen, wenn man einen dermaßen anerkannten Piloten schlagen kann. Dass wir jetzt in der Meisterschaft führen, noch dazu mit 22 Punkten Vorsprung ist natürlich großartig. Ich kann mich nur noch einmal bei allen im Team und bei all unseren Unterstützern bedanken und freue mich riesig, dass ich dieses in mich investierte Vertrauen so gut bestätigen konnte. So kann es durchaus weitergehen.“

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