"Eine Politik der verbrannten Erde entspricht mir nicht"

Bgm. Heinz Schaden im Interview mit Bezirksblätter-Chefredakteurin Stefanie Schenker: "Eine Berufung und die Nichtigkeitserklärung, und da hat einer der Anwälte 40 Gründe dafür gefunden, ist ein Instrument, das strafmildernd – hoffentlich – wirkt." | Foto: BB
  • Bgm. Heinz Schaden im Interview mit Bezirksblätter-Chefredakteurin Stefanie Schenker: "Eine Berufung und die Nichtigkeitserklärung, und da hat einer der Anwälte 40 Gründe dafür gefunden, ist ein Instrument, das strafmildernd – hoffentlich – wirkt."
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Seit dem nicht rechtskräftigen Urteil wegen Beihilfe zur Untreue gegen Sie sind eineinhalb Monate vergangen. Politisch hat man Sie nicht mehr wahrgenommen, in der Öffentlichkeit haben Sie sich rar gemacht. Wollten Sie niemanden mehr sehen?
HEINZ SCHADEN:
Nein, ich habe bei Anklageerhebung – schon im Februar – gesagt, dass ich mich von offiziellen Terminen fernhalten werde. Vormittags auf der Anklagebank, abends im Festspielhaus – das geht überhaupt nicht. Meine Amtsgeschäfte habe ich aber weitergeführt. Ich bin oft nach Ende der Verhandlungen noch ins Büro, habe die Post erledigt und war, wenn es rasch gehen musste, immer übers Telefon erreichbar. Öffentliche Auftritte habe ich aber bewusst gemieden, weil ich niemanden diskreditieren wollte.

Wer wird Ihre Ressorts nun übernehmen?
Anja Hagenauer wird die Kultur übernehmen, Harald Preuner die Finanzen und die Magistratsdirektion.

Wie leicht ist es, ein Finanzressort zu übergeben?
Ich hoffe, dass es einer breiten Mehrheit im Gemeinderat in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass man einen Euro nur einmal ausgeben kann. Ich hoffe, dass das Gen, das ich seit der Beinahe-Pleite der Stadt in den frühen 90er-Jahren in mir trage, übergesprungen ist auf möglichst viele im Gemeinderat. Ich weiß, dass es nicht alle sind, aber wenn drei große Fraktionen vernünftig agieren, dann wird es schon gehen.

Zurück zum Urteil: Sehen Sie das Urteil heute genauso wie am Tag der Urteilsverkündung?

Ganz offen: Mir hat es den Boden unter den Füßen weggezogen. Für mich war schon früh erkennbar, dass es in Richtung Verurteilung geht, weil entlastende Beweisanträge aller Anwälte, die dort waren, nicht zugelassen wurden. Ich sage jetzt aber kein Wort über die Justiz, das Verfahren läuft ja noch.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie vom Gericht fair behandelt worden sind?

Es wurde kein entlastender Beweisantrag zugelassen, das war schon etwas befremdlich.

Wie ist es Ihnen seit dem Urteil persönlich gegangen, im Umgang mit Politiker-Kollegen, mit Mitarbeitern, mit Menschen, denen Sie auf der Straße begegnen?
Das ist erstaunlich. Die Leute wünschen mir alles Gute und sagen "schade", bedauern, was da passiert ist. Ich höre immer wieder, dass die Stadt ja finanziell gut dasteht, das hat sich eingebrannt. Abgesehen von Parteischreibern – das erkennt man gleich – habe ich keine einzige Rückmeldung unter vier Augen, wo mir jemand sagt: "Zeit ist es, dass Sie gehen."

Heinz Schaden im Video-Interview mit Chefredakteurin Stefanie Schenker

Sie sind stets mit Leib und Seele Bürgermeister gewesen. Wie leicht oder wie schwer fällt Ihnen der Rücktritt persönlich?

Sie sagen ganz richtig, das war nicht nur ein Job, den ich gemacht habe. Es ist ein sehr schöner Beruf, auch wenn man manchmal in Turbulenzen gerät. Man kann Dinge entscheiden und gestalten. Wie zum Beispiel aus Rücklagen der Stadt das 30 Jahre lang diskutierte Bad oder den Bildungscampus Gnigl als Modell der Zukunft zu bauen. Das finanziert die Stadt aus eigenen Kosten und aus eigenem Know-how.

Welchen Rat können Sie Menschen mitgeben, die in die Kommunalpolitik gehen und in keine Turbulenzen geraten wollen?

Das, was jetzt passiert, ist natürlich abschreckend. Der Schock im Städte- und Gemeindebund und im Regionalverband – dessen Vorsitzender ich seit 1999 war – sitzt schon tief. Sicherlich ist es jetzt durch diesen Präzedenzfall schwieriger geworden. Aber: Die Kommunalpolitik ist die interessanteste Form der Politik, da wird nicht nur geredet wie in einem Parlament, wo man eine Nummer unter vielen ist. Im Gemeinderat ist es hautnah. Das ist ein Beruf, der so viele Möglichkeiten bietet, dass es sicherlich lohnend ist, ihn zu ergreifen. Mein Tipp ist: Entscheidungen sollte man allenfalls mit Gutachten unterlegen. Obwohl die auch kein Allheilmittel sind, denn Gegengutachten kann man ja fast schon bestellen.

Sie haben während des Prozesses stets betont, bei dem Swap-Deal in bester Absicht und im Sinn der Stadt gehandelt zu haben. Aus heutiger Sicht: Glauben Sie, dass das – so wie Sie es getan haben – ein Fehler war?
Nein, ich glaube nicht. Umgekehrt gedacht: Wenn ich das Angebot des Landes, das ja ein Riesenportfolio solcher Zinstauschgeschäfte hatte – wir hatten ganze sechs davon, weil sie mir nie ganz geheuer waren –, nicht angenommen hätte, wäre das sofort bekannt geworden und ich hätte mich im Gemeinderat fragen lassen müssen, ob es mir noch gut geht. Nebenbei bemerkt, im Verlauf des Prozesses ist auch klar geworden: Mit Ausnahme von zwei dieser Zinstauschgeschäfte wären alle im positiven Bereich gelandet.

Sie berufen gegen das Urteil: Rechnen Sie nach wie vor mit einem Freispruch oder "nur" mit einer milderen Strafe?
Ich kann und will der Justiz nicht vorgreifen. Aber natürlich: Eine Berufung und die Nichtigkeitserklärung – und da hat einer der Anwälte 40 Gründe dafür gefunden – ist ein Instrument, das strafmildernd – hoffentlich – wirkt.

Neben allen beruflichen und politischen Folgen haben der Prozess und das Urteil möglicherweise auch finanzielle Konsequenzen für Sie: Wie hoch sind die Anwalts- und Gerichtskosten, für die die Stadt Salzburg in Vorleistung gegangen ist? Und werden Sie dafür zur Kasse gebeten werden?

Ich weiß nicht genau, Anfang des Jahres standen wir bei 600.000 Euro, ich bin sicher, dass jetzt die Millionengrenze erreicht wurde. Es liegt noch keine Abrechnung vor. Es geht ja nicht nur um meinen Anwalt, sondern auch um die der beiden Magistratsbeamten. Wer das bezahlt, ist eine Entscheidung des Gemeinderates. Jetzt gilt das, was im Frühjahr von drei Fraktionen beschlossen worden ist, ich kann und will dem nicht vorgreifen. Natürlich hoffe ich, dass es bei dieser grundsätzlichen Haltung bleibt. Mein Kollege Harald Preuner hat es einmal so formuliert: So etwas kann jeden treffen.

Eine Entscheidung darüber wird also der Gemeinderat nach einem rechtskräftigen Urteil fällen?
Das nehme ich an.

Als Bürgermeister und davor als Vizebürgermeister haben Sie mehr als 25 Jahre lang das Gesicht der Stadt Salzburg geprägt. Was davon war rückblickend besonders nachhaltig für die Stadtentwicklung?
Die großen Stadtteilumbauten in Lehen. Wo mich die Leute für verrückt erklärt haben, als ich gesagt habe, die Stadtbibliothek kommt nach Lehen. Nachgezogen haben wir mit dem Stadtwerkeareal und den vielen nun dort angesiedelten Kultureinrichtungen. Da ist ein neues Bewusstsein in Lehen geboren worden, es war kein Scherbenviertel mehr. Plötzlich haben dort private Investoren begonnen, Wohnungen zu bauen. Ähnliches gilt für Itzling. In dem Moment, in dem wir uns entschlossen haben, die Zeile zwischen Schillerstraße und Lokalbahn zu kaufen und das untere Ende zum Freundschaftspreis an die Alpenmilch abzugeben, hat sich dort vieles verändert. Die Alpenmilch hat kräftig ausgebaut, die Universität war die zweite Institution, die nachgezogen hat. Der haben wir einen Grund um einen symbolischen Euro pro Jahr überlassen. Dort steht jetzt das Laborgebäude der Naturwissenschaften. Dann haben sich noch andere Firmen angesiedelt, das hat sich also ausgezahlt. Johann Padutsch war mir da immer ein guter Gefährte – wie auch beim Unipark Nonntal. Letztendlich haben wir jetzt die Uni nahe an der Altstadt und die Sportplätze haben das Grünland Freisaal fast ins Zentrum der Stadt mitgenommen.

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Gemessen an den hohen Immobilienpreisen in der Stadt: War die Verankerung der Grünlanddeklaration eine gute Entscheidung?

Wir haben sie für 30 Jahre im Stadtrecht verankert. Diese Bauland-Grünland-Grenze läuft jetzt mindestens noch 20 Jahre. Dann muss man sich damit sicher wieder beschäftigen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass gewisse Stadtlandschaften – Freisaal, Hellbrunner Allee, Gaisberg – kein Mensch mehr angreift. Die hohen Preise in Salzburg erklären sich auch mit der Attraktivität der Stadt Salzburg. Der Name Salzburg ist einfach eine Marke.

Was sollen die Salzburger einmal über Sie sagen?

Dass es eine stabile Zeit war, dass wir Entscheidungen getroffen haben, ohne über die Bürger drüber zu fahren, dass ich meine Arbeit mit Leib und Seele gemacht habe.

Was wird Heinz Schaden machen, wenn er nicht mehr Bürgermeister ist?
Das ist meine Privatsache und das ist auch wirklich noch offen. Es gibt keinen fixen Plan. Ich trete im kommenden GR zurück, gehe raus aus bei der Tür. Das Büro ist weitgehend leer geräumt. Im Scherz habe ich zu Preuner gesagt: Du bekommst das Büro besenrein.

Zieht Preuner hier ein, in dieses Büro?

Das weiß ich nicht, darüber haben wir nicht gesprochen. Er kann sich jedenfalls der Infrastruktur und der Mitarbeiter dieses Büros bedienen. Jetzt steht ja auch das Budget an. Eine Politik der verbrannten Erde entspricht mir nicht.

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