U1-Verlängerung: Ein kultureller Zwischenstopp in der Spiegelgasse
Sie ist nicht nur Heimat von Galerien und Auktionshäusern sondern eine kleine Gasse voller Geschichte.
WIEN. Bereits 1367 scheint der Name "Spiegelgasse" erstmals auf. Namensgeber dürften aber nicht das gleichnamige Patrizier-Geschlecht gewesen sein, sondern die Spiegler, jene Handwerker, die im "Spieglerhaus" am Stock-Im-Eisen-Platz 3 Spiegel hergestellt hatten. Die nur 306,65 Meter lange Gasse kann man in 3,7 Minuten vom Graben bis zur Lobkowitzplatz durchschreiten.
Der oberste Abschnitt der Gasse im Bereich des Dorothee-Klosters hieß auch Hinter St. Dorothea, davor Laderstraße. Heute weist die Gasse auf ihren wenigen Metern die wohl größte Dichte an Galerien klassischer und moderner Kunst und wertvollem Interieur auf.
Die Fledermaus
Auch die Wiener Porzellanmanufaktur Augarten hat hier auf Nr. 1 ihren prächtigen Flagshipstore. Daneben gibt es zahlreiche edle Boutiquen, Glas, und Schmuckgeschäfte und eine echte Institution des Wiener Nachtlebens: Die Fledermausbar, seit 2005 einer der angesehensten Szenetreffs mit ihrer bewegten Geschichte.
In den 1920er und 30er Jahren befand sich hier ein anrüchiges Lokal namens "Dolce Vita", in dem sich auch Wiens Halbwelt bewegte. Angeblich soll auch Fritz Grünbaum öfters hier gewesen sein, weshalb es heute noch einen Raum namens "Grünbaum Stüberl" gibt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Lokal zu "Mariettas Bar". Geführt wurde die Bar von der Konzertpianistin Marietta Mackh, auch Gerhard Bronner spielte hier manchmal Klavier. Als Marietta sich für den Ruhestand entschied, übernahm Gerhard Bronner das Lokal und eröffnet das "Cabaret Fledermaus", das neben dem Simpl zu den erfolgreichsten Kabarett-Bühnen Wiens zählte.
Hier traten Helmut Qualtinger, Herwig Seeböck, André Heller, Lore Krainer, Carl Merz, Louise Martini und Peter Wehle auf und Marian Mendt sang "Die Glocke".
In der Spiegelgasse befindet sich übrigens auch eine der ältesten Apotheken Wiens: Die Apotheke "Zum heiligen Leopold" wurde am 12. November 1804 durch Anton Würth gegründet, der auch für einige Erfindungen bekannt ist, wie den Dampfapparat (1824) und war äußerst geschäftstüchtig: er gewährte - als k.k. Hofapothekenbeamter - den niederen Beamten des Kaiserhauses einen 25 prozentigen Rabatt auf seine Medikamente.
"Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten…"
In der Spiegelgasse 16/ Dorotheergasse 17 befindet sich Wiens ältestes und größtes Auktionshaus, das Dorotheum, das jährlich rund 600 Auktionen in 40 unterschiedlichen Sparten durchführt. Antiquitäten, Kunstgegenstände, Sammlerobjekte, Bilder und Schmuck kommen hier nach Schätzung durch rund 100 Experten "unter den Hammer".
Mehr als 300 Jahre nach seiner Gründung durch Kaiser Joseph I. im Jahr 1707 ist das Dorotheum in Wien das mit Abstand größte Auktionshaus im deutschen Sprachraum, führend in Mitteleuropa und auch eines der ältesten und größten Auktionshäuser der Welt. Als bekannte Wiener Institution verkörpert das Dorotheum ein Stück österreichischer Geschichte.
113 Millionen Euro Umsatz
Es wurde 1707 als "Versatz- und Fragamt zu Wien" in der Annagasse gegründet und diente anfangs der Rettung Notleidender, denn der Staat wollte Arme aus der Anhängigkeit der Wucherei befreien. Der Gewinn, der aus den Einnahmen erzielt wurde, floss in die Armenhäuser. Mit der Zeit wandelte sich die Pfandleihanstalt in ein Auktionshaus und weitete sich 1787 aus, in dem es in das Dorotheerkloster übersiedelte. Mittlerweile befindet sich hier die Zentrale von 16 Filialen und 48 Geschäften weltweit. Es erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 113 Mio. €.
Das Hauptgebäude, ein Durchhaus, das die Dorotheergasse 17 mit der Spiegelgasse 16 verbindet (hier wird derzeit renoviert), wurde von E. von Förster als Barockpalast erbaut. Auf dem Areal befand sich vormals das Chorherrenstift zur hl. Dorothea, Namensgeber des "Dorotheum". Seit 2013 finden auch im "Auktioneum" in der Spiegelgasse 19 mehrmals jährlich Versteigerungen von Antiquitäten und anderen Wertgegenständen, wie Gold- und Silberschmuck, Uhren, Kleinmöbel und Bildern – von der Barockzeit bis zum Jugendstil - statt.
Salieri, Schubert und Maria von Ebner-Eschenbach
Auch das Wohn- und Sterbehaus des Hofkompositeurs und -Kapellmeisters Antonio Salieri (1750-1825) befand sich in der Spiegelgasse beim Durchgang zur Seilergasse. Franz Schubert wiederum wohnte auf Nr. 9 bei seinem Freund Franz Schober von 1822 bis 23 und hat hier unter anderem seine h-Moll-Symphonie komponiert. Im "Haus Stadt 1095" an der Ecke der Spiegelgasse zum Graben, erinnert noch heute ein Kondor über dem Uhrturm an den ersten Hausbesitzer, eine New Yorker Lebensversicherungsgesellschaft.
Hier lebte und starb die Dichterin Marie von Ebner Eschenbach im Jahr 1916. Dieses Haus trug ursprünglich den Schildnamen "Zur blauen Krone" und wird 1439 erstmals erwähnt. 1863 hat die Gemeinde Wien das Haus angekauft.
Grillparzer, die Liebe und der Matschakerhof
Franz Grillparzer, der am 21. Jänner 1872 in der Wohnung der Schwestern Fröhlich m Vorgängerhaus in der Spiegelgasse 21 im 83. Lebensjahr verstarb, lebte seit 1849 bei Katharina (Kathi) Fröhlich, die als „ewige Braut" Franz Grillparzers in die Literaturgeschichte eingegangen ist. Grillparzer, der Kathi im Salon Geymüller kennengelernt hatte mietete sich als 58jähriger bei ihr und ihrer Schwester Anna ein wurde von ihnen bis zu seinem Tod betreut und hinterließ ihnen seinen ganzen Besitz.
Sie stifteten den Grillparzerpreis und 1879 die „Schwestern-Fröhlich-Stiftung". Katharina Fröhlich übergab 1872 den Nachlass des Dichters der Stadt Wien. Grillparzer war aber auch Stammgast im Wirtshaus zum Matschakerhof auf Nummer 5, woran eine dort angebrachte Tafel erinnert.
Schon 1485 soll sich hier im "Haus Stadt 1091" ein erstes Gasthaus befunden haben. 1844 veranlasste der damalige Besitzer Leopold Mayer einen großen Umbau und eröffnete den Matschakerhof am 25. Oktober 1845 als Hotel, das anlässlich der Weltausstellung 1873 erweitert wurde. Der Gastbetrieb wurde am 1. Februar 1960 aufgelassen.
Ein ganzes Museum voller Theater
Das Österreichische Theatermuseum im Palais Lobkowitz ging 1991 aus der Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek hervor. Diese Sammlung wurde zwar erst 1922 gegründet, doch die Vorstufen systematischer Sammeltätigkeit diverser Theatralia an der Hofbibliothek reichen bis in die Barockzeit zurück.
Mehr als 70.000 Bücher, 5500 Handschriften, 105 Handzeichnungen, 66.000Autographen, 12.000 Druckgraphiken, 850 Bühnenmodelle, museale Objekte, audiovisuelle Medien, rund 500.000 Theater- und Filmfotos und 300.000 Theaterzettel und Filmplakate sind im Fundus des Theatermusuems Wien. Öffnungszeiten täglich außer Dienstag 10 – 18 Uhr.
Aktuelle Ausstellung:
Tenorissimo!
Plácido Domingo in Wien
17. Mai 2017 bis 8. Jänner 2018 Info: www.theatermuseum.at
Weitere Informationen zur U1-Verlängerung finden Sie hier.
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